Sara Jahnke schlägt mal wieder zu: Fördert Kontakt zu Kindern Risikofaktoren oder nicht?

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Max
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Sara Jahnke schlägt mal wieder zu: Fördert Kontakt zu Kindern Risikofaktoren oder nicht?

Beitrag von Max »

Klare Antwort ihrer vor 2 Tagen veröffentlichten Studie an 104 Pädos: Nein, eher im Gegenteil!

Max Geradt, Sara Jahnke, Julia Heinz, Jürgen Hoyer (2018): "Is Contact with Children Related to Legitimizing Beliefs Toward Sex with Children Among Men with Pedophilia?" (Archives of Sexual Behavior)

Links zum Artikel:
Zusamenfassung hat geschrieben:Among pedophilic men, social contact with children has been discussed as creating a risk situation for sexual abuse. Also, pedophilic men searching for such contact are seen as harboring more beliefs legitimizing sexual contact with children. However, social contact may also decrease false beliefs. We tested these competing views in an anonymous Internet survey with a non-forensic, non-clinical sample of 104 self-classified pedophilic men. Results showed that both increased social and physical contact were significantly linked to fewer legitimizing beliefs toward sex with children, even when controlling for past psychotherapy, educational level, social desirability, and age. Controlling for previous conviction for child sexual offenses reduced the effect for physical contact, but not for social contact. Exploratory analyses showed that either type of contact had no significant effect on total self-perceived risk of offending. However, pedophilic men with physical contact with children perceived a higher risk of more direct (i.e., child abuse) than indirect offenses (i.e., child pornography offenses) compared to pedophilic men without physical contact. Despite limitations of the correlational design and the only small to moderate effects, the results challenge the assumption that complete avoidance of contact with children is necessary for persons with pedophilia to reduce the risk of abusive behavior.
Von Max fix auf Deutsch übersetzt hat geschrieben:Wenn pädophile Männer soziale Kontakte zu Kindern pflegen wird oft argumentiert, dass dies das Risiko für sexuellen Missbrauch erhöhe. Auch werden pädophile Männer, die Kontakt zu Kindern suchen, so angesehen, dass sie eher zu Ansichten neigen, die sexuelle Kontakte mit Kindern legitimieren. Dem steht entgegen, dass sozialer Kontakt ebensogut falsche Glaubenssätze verringern könnten. Wir haben diese widersprüchlichen Sichtweisen in einer anonymen Online-Befragung mit einer nicht-forensischen und nicht-klinischen Stichprobe von 104 selbstidentifizierten pädophilen Männern überprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl verstärkter sozialer als auch körperlicher Kontakt signifikant mit weniger legitimierenden Ansichten hinsichtlich Sex mit Kindern verbunden sind, selbst dann, wenn die Daten nach Teilnahme an Psychotherapie (Vergangenheit), Bildungsniveau, sozialer Erwünschtheit und Alter getrennt betrachtet werden. Unter verurteilten Sexualstraftätern reduziert sich der Effekt des physischen jedoch nicht der des sozialen Kontakts. Wie [Exploratory analyses] zeigen, hat der Kontakt zu Kindern keinen signifikanten Einfluss auf die Selbstwahrnehmung des Risikos, sexuell übergriffig zu werden. Dennoch schätzen pädophile Männer mit physischem Kontakt zu Kindern ihr Risiko zu eher direkten (also sexuellen Übergriffen) Straftaten höher ein als zu eher indirekten (etwa rund um KiPo), verglichen mit pädophieln Männern ohne Körperkontakt zu Kindern. Die Aussagekraft dieser Korrelationsstudie ist zwar begrenzt, auch wegen der nur kleinen bis moderaten beobachteten Effekte, dennoch stellen die Ergebnisse die Annahme infrage, dass die vollständige Vermeidung von Kontakt zu Kindern für pädophile Personen nötig ist um das Risiko übergriffigen Verhaltens zu verringern.
(Textauszeichnungen von mir)

Was ich auch so noch nicht gesehen habe ist dieses Detail am Artikel: "Max Geradt is sexually interested in children and is co-authoring this article under a pseudonym." (zu deutsch: "Max Geradt ist sexuell an Kindern interessiert und hat diesen Artikel als Co-Autor unter Pseudonym mitverfasst"). Soviel also hier zu Experienced Involvement.

Der verwendete Fragebogen zu "legitimierenden Ansichten hinsichtlich sexuellen Misssbrauchs" ist nach überfliegen der Fragen derselbe, der auch bei Kein Täter werden (KTW) genutzt wird. Weitere Daten, die mir gleich ins Auge sprangen: nicht nur diese Ansichten sondern auch Selbstwertgefühl, Einsamkeit und ähnliche größen werden durch Kontakt zu Kindern positiv beeinflusst. Das ist für uns nichts neues aber gut das mal in einer wissenschaftlichen Arbeit bestätigt zu lesen. Es wäre schön, wenn ähnliche Studien mit mehr Teilnehmern und aussagekräftigeren Ergebnissen folgen würden, denn 104 Leute insgesamt mögen signifikante Ergebnisse liefern aber so richtig repräsentativ und fest ist das noch nicht.

Noch eins zum Hintergrund: Diese Studie zeigte nur eine Korrelation auf zwischen Kontakten zu Kindern und gewissen Einstellungen und Empfindungen der Teilnehmer. Korrelation legt eine Ursache nahe, beweist sie aber nicht. So wird oft zitiert, es gebe in Jahren mit vielen Störchen lustigerweise mehr Babys (Korrelation ohne ursächlichen Zusammenhang... oder doch?). :shock: Auch um die genauen Mechanismen hinter Sara Jahnkes Daten wissenschaftlich zu belegen braucht es weitere Studien, denn genau diesen Punkt werden Skeptiker angreifen.
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Naches
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Beitrag von Naches »

Danke das durch darauf hinweißt + plus auf den Punkt der Korrelation.

Aber du sagst ja selber, dass es durchaus Sinn macht, dass dies auch eine Kausalität ist.
Muss ich mir mal durchlesen genauer alles :D
Was war jetzt noch gleich so schlimm daran jemanden zu lieben?
sarumi

Beitrag von sarumi »

Max hat geschrieben: So 14. Jan 2018, 19:13 Noch eins zum Hintergrund: Diese Studie zeigte nur eine Korrelation auf zwischen Kontakten zu Kindern und gewissen Einstellungen und Empfindungen der Teilnehmer.
Vorweg: Ich halte nicht allzuviel von Sozialwissenschaften aber wie will man denn hier (oder sonst) jemals Kausalität feststellen? Aber selbst das ist wie du schon gesagt hast mit 100 Teilnehmern praktisch wertlos.
Und wenn ich dann lese das man das noch nach Subgruppen aufschlüsseln will..
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Naches
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Beitrag von Naches »

Sozialwissenschaften sind halt hauptsächlich Beobachtend. Um Kausalität feststellen zu können, müsste man Variablen kontrollieren und verändern können, das ist natürlich eher schwer bis unmöglich in unserem Fall.
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Mascha
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Beitrag von Mascha »

Max, kommen wir irgendwie an die Arbeit dran, ohne 40 € zu zahlen? Vielleicht über Jens Wagner?
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Max
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Beitrag von Max »

Hä? 40€??!!
Das Ding steht dort unter diesem Link kostenlos als PDF zu Verfügung. Und ist auf der verlinkten Seite auch komplett online nachzulesen. … Jedenfalls als ich gestern dort war. Ich hab sie auf jeden als PDF runtergeladen.
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Gelöscht_01

Beitrag von Gelöscht_01 »

"Buy (PDF)
EUR 42,99"

Auf der Seite kann man höchstens eine Zusammenfassung (abstract) lesen, das war's dann aber schon. Und einen Download-Link finde ich auch nicht, nur einen Kauf-Button.
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Max
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Beitrag von Max »

So das Problem scheint zu sein, dass nur ich über das deutsche Forschungsnetz ins Internet gehe. Kleiner Vorteil meiner sonst ungünstigen Wohnsituation. Interessant auch, das je nach Gerät mit dem man reingeht (oder aber je nach Art der Internetverbindung) unterschiedliche Preise angezeigt werden von 40€nochwas bis zu 43€ etwa. Ich mach mich mal schlau und ergänze gleich was dazu im ersten Post oben.

Nachtrag: Erledigt. Siehe oben.
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Ovid
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Beitrag von Ovid »

Den Artikel kriegt man umsonst über sci-hub.hk, wenn man sich traut ein Urheberrechtsverletzer zu sein. Ich verlinke das mal nicht. ;)
sarumi hat geschrieben: So 14. Jan 2018, 20:21 Ich halte nicht allzuviel von Sozialwissenschaften aber wie will man denn hier (oder sonst) jemals Kausalität feststellen?
Naches hat geschrieben: So 14. Jan 2018, 23:04 Sozialwissenschaften sind halt hauptsächlich Beobachtend. Um Kausalität feststellen zu können, müsste man Variablen kontrollieren und verändern können, das ist natürlich eher schwer bis unmöglich in unserem Fall.
Ja. Das ist schon extrem langwierig, ethisch problematisch und hat allerlei Hürden. Schwer bis gar nicht durchführbar.

Aber einfach mal zum Verständnis: Man könnte mit folgendem Studiendesign Kausalität feststellen.
Man nimmt eine große Gruppe an zufällig ausgewählten Pädos und teilt sie zufällig in mindestens 3 Gruppen ein. Der einen Gruppe ist es erlaubt Kontakt mit Kindern zu haben, der zweiten Gruppe nicht und bei der dritten Gruppe gibt man gar nichts vor und lässt sie einfach machen, wie es denen gerade in den Kram passt.

Dann verfolgt man alle drei Gruppen vlt. so 10 Jahre lang und guckt nach Anzeigen, Verurteilungen und nimmt den selben Fragebogen noch mal.
Zuletzt vergleicht man alle drei Gruppen und kann vlt. auch ein paar statistische Tests machen, wie z.B. eine Art "dose-response" von viel bis wenig Kinderkontakt.

Das wäre so eine klassische RCT (randomized controlled trial) und quasi schon Goldstandard.

Sowas macht man aber tatsächlich sehr selten in den Sozialwissenschaften, weil man ja praktisch das Leben der Menschen nicht einfach so bestimmen kann und die compliance der Versuchspersonen ohnehin leiden wird unter so eine langem Zeitraum.
Und was ist zum Beispiel mit jemandem, der in der Kontakt-Gruppe ist und straffällig geworden ist? Der kriegt sicher auch Kontaktverbot zu Kindern, das würde aber das Studienprotokoll verletzen. :lol: Nicht machbar.

Was man aber machen kann, aber leider nicht so aussagekräftig ist, dass man einfach eine prospektive Kohortenstudie macht.
Man befragt einfach eine Gruppe Pädos wie hier und verfolgt die dann auch 10 Jahre lang, guckt wieder ob Straffälligkeit auftritt und wie oft, wie häufig Kinderkontakt ist und fragt ganz am Ende dann noch mal.

Hier hat man aber leider das Problem, dass man nicht weiß ob z.B. einfach eine unbekannte Variable beides bestimmt: Kontakt zu Kindern und tatsächliche Straftaten. Man müsste da intervenieren und den Kontakt zu Kindern als Variable kontrollieren, damit man Einsicht darüber bekommt welchen Einfluss das hat.

Hier haben wir leider nur eine Querschnittsstudie (nur eine Befragung zu einem quasi festen Zeitpunkt) einer Internetstichprobe aus bestimmten Communites von teilnahmewilligen Pädophilen.

Was natürlich nicht bedeutet, dass ich so eine Studie schlecht finde. Ganz im Gegenteil. Das ist wichtige Pionier-Arbeit um die sich bisher niemand geschert hat. Von daher einen großen Dank an Frau Jahnke und Helfern.

Ganz am Ende mal meine Vermutung (also nicht so ernst nehmen), wie sich Zusammenhänge zeigen könnten. Leider habe ich so gut wie gar keine Daten, die das stützen bisher.

Pädophile mit...
- (A) gar keinem Kontakt zu Kindern: Laufen eher Gefahr Missbrauchsabbildungen zu konsumieren - um soziale und emotionale Einsamkeit zu kompensieren.

- (B) mit wenig bis mittelmäßig Kontakt: Sind die ungefährlichste Gruppe, was Sexualstraftaten an Kindern anbelangt. (wird ein wenig gestützt durch diese Studie)

- (C) mit sehr viel engem und intimen Kontakt zu einigen wenigen Kindern: Hier könnte es (eher) passieren, dass die Intimität und Vertrautheit und die enge Beziehung auch zu sexuellem Missbrauch führen kann. Eher als bei Gruppe (B) wo der Kontakt zu den Kindern eher oberflächlicher und vorrübergehender ist.
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Max
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Beitrag von Max »

Eine Gruppe, wo Kontakt über lange Zeiträume kontrolliert wird wären Gefängnisinsassen. Ohne nach Straftat zu sortieren meine ich. Da dürfte das Studiendesign aber schwer werden, denn für die Allgemeinbevülkerung sind Gefängnisse sicher nicht repräsentativ. Evtl. könnte es trotzdem etwas bringen Gefangene mit oder ohne Familie/Familienbesuch zu beobachten, etwa während und nach Verbüßung der Haftstrafe. Ob man da aber über die Neigung zutreffende Aussagen erhält... wäre ich für sagen wir einen Diebstahl im Knast hätte ich dort mehr Angst, dass die Daten aus der Studie über mich bekannt werden und ich dann der Underdog wäre. Ein weiteres Problem hierbei wäre, dass im Gefängnis sicher noch viele viele andere Prozesse ablaufen, die die Größen Mitgefühl, Selbstwert etc. beeinflussen. Die irgendwie rauszurechnen oder per Design auszuschließen halte ich für kaum möglich. Bin aber auch weder Sozialwissenschaftler noch Psychologe.
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