Donnerstag, 07.09.2023
Systemfragen
Pädophilie. Kann auch Entstigmatisierung Straftaten vorbeugen?
O-Töne aus Interview mit Prof. Dr. Martin Rettenberger, Psychologisches Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie Direktor der Kriminologischen Zentralstelle
Prävalenz von Pädophilie: Wie viele Menschen haben pädophile Neigungen?
„Kein Täter werden.“ Einblicke in das Präventionsprojekt der Berliner Charité.
Entstigmatisierung von Pädophilie. Blick auf die weitere aktuelle Forschung.
Am Mikrofon: Kathrin Kühn
Mehr als 17.000 Kinder wurden im Jahr 2022 in Deutschland Opfer sexueller Gewalt, nur nach der offiziellen Statistik. Um dies zu verhindern, schaut die Präventionsforschung auch darauf, wie sich pädosexuelle Straftaten vermeiden lassen. Dazu gehört, dass mehr pädophile Menschen sich Hilfe suchen und diese auch bekommen können, bevor sie (erneut) zu Tätern werden. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die sich mit dem Thema beschäftigen, argumentieren, dass eine Entstigmatisierung der Pädophilie hier helfen würde, also Aufklärung darüber, dass es die Pädophilie als sexuelles Präferenzmuster gibt und sie nicht mit Pädokriminalität gleichzusetzen ist. Damit mehr Betroffene sich trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen und sie auch bekommen, damit die Präventionsforschung mehr Wissen erhält und damit am Ende weniger Kinder Opfer sexualisierter Gewalt werden.
DLF - Pädophilie. Kann auch Entstigmatisierung Straftaten vorbeugen?
- Caspar Ibichei
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DLF - Pädophilie. Kann auch Entstigmatisierung Straftaten vorbeugen?
Georg, >60 ● Präferenz: wbl 8-12, mnl 6-10 caspar-ibichei@gmx.de
„Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.“ (Che Guevara)
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- Cornelius
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Endlich mal eine Dokumentation, die sich für die Entstigmatisierung von Pädophilen einsetzt und nicht nur auf Hilfsangebote hinweisen möchte, so wichtig diese auch sind. Was mir auch sehr gut daran gefällt, dass darauf hingewiesen wird, dass eine Pädophile Neigung nicht automatisch eine Störung ist, sondern dafür bestimmte Vorrausetzungen vorliegen müssen (Eigen- und Fremdgefahr u.a.). Da Deutschlandfunk schon ein weit verbreitetes Medium ist, bleibt zu hoffen, dass diese Botschaft möglichst viele Menschen erreicht.
Leider bleibt die Dokumentation eine Antwort schuldig, wie die Entstigmatisierung der pädophilen Neigung denn konkret aussehen soll. Den einzigen konkreten Vorschlag, den ich dieser entnommen habe, ist dass es mehr allgemeine Therapeuten auch pädophile Patienten nehmen sollen. So sehr ich diesen Vorschlag gut finde, geht er für mich doch nur in die Richtung der psychosozialen Hilfe. Andere Aspekte, wie der Schutz von nichtübergriffigen Pädophilen vor der Diskriminierung durch die Gesellschaft, wird hingegen nicht konkret benannt, wie z.B. Fragen des Antidiskriminierungsgesetzes. Für mich ist Entstigmatisierung deutlich mehr als nur das Anbieten von Hilfsangeboten (was natürlich auch schon ein enorm wichtiger Aspekt ist). Was ich auch problematisch finde, dass Entstigmatisierung vor allem unter dem obersten Ziel des Kinderschutzes verstanden wird. Warum kann das Ziel der Entstigmatisierung der pädophilen Neigung auch nicht einfach ein zufriedenes und von der Gesellschaft anerkanntes Leben als nichtübergriffiger Pädophiler sein bzw. ist nicht ein glückliches Leben als Pädophiler genauso viel wert wie der Schutz der Kinder? Ich kann es deshalb als nichtübergriffiger Pädophiler überhaupt nicht verstehen, warum die Neigung meist nur unter Präventionsaspekten gesehen wird. Habe ich als Pädophiler nicht auch ein Recht auf Schutz vor Diskriminierung wie andere sexuelle Minderheiten auch, wenn ich keinem Kind schade?
Leider bleibt die Dokumentation eine Antwort schuldig, wie die Entstigmatisierung der pädophilen Neigung denn konkret aussehen soll. Den einzigen konkreten Vorschlag, den ich dieser entnommen habe, ist dass es mehr allgemeine Therapeuten auch pädophile Patienten nehmen sollen. So sehr ich diesen Vorschlag gut finde, geht er für mich doch nur in die Richtung der psychosozialen Hilfe. Andere Aspekte, wie der Schutz von nichtübergriffigen Pädophilen vor der Diskriminierung durch die Gesellschaft, wird hingegen nicht konkret benannt, wie z.B. Fragen des Antidiskriminierungsgesetzes. Für mich ist Entstigmatisierung deutlich mehr als nur das Anbieten von Hilfsangeboten (was natürlich auch schon ein enorm wichtiger Aspekt ist). Was ich auch problematisch finde, dass Entstigmatisierung vor allem unter dem obersten Ziel des Kinderschutzes verstanden wird. Warum kann das Ziel der Entstigmatisierung der pädophilen Neigung auch nicht einfach ein zufriedenes und von der Gesellschaft anerkanntes Leben als nichtübergriffiger Pädophiler sein bzw. ist nicht ein glückliches Leben als Pädophiler genauso viel wert wie der Schutz der Kinder? Ich kann es deshalb als nichtübergriffiger Pädophiler überhaupt nicht verstehen, warum die Neigung meist nur unter Präventionsaspekten gesehen wird. Habe ich als Pädophiler nicht auch ein Recht auf Schutz vor Diskriminierung wie andere sexuelle Minderheiten auch, wenn ich keinem Kind schade?
männlich, Präferenz für Mädchen zwischen 6 und 12 Jahren sowie erwachsene Frauen (18+), ganz vereinzelt auch für Jungen (zwischen 8 und 12 Jahren)
- Caspar Ibichei
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Mit viel gutem Willen und ohne Berücksichtigung des schlechten Beigeschmacks könnte man sagen:
"Der nicht-übergriffige Pädophile ist gesellschaftlich uninteressant."
Das geht so weit, dass sogenannte Pädojäger/Kinderschützer und NRW-Innenminister nur ganz leise sagen:
"Wir meinen ja nur die anderen."
Immerhin geht die Aufmerksamkeit langsam in den Bereich der psychosozialen Hilfe. Erste kleine Schritte, die wir hier wahrnehmen.
Krass ist ja auch, dass diese Diskriminierung gar nicht bewusst geschieht, eben weil wir unter dem Radar sind.
(Es gibt noch viel zu tun.)
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- Takeru
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Erstmal finde ich es gut das es endlich mal so etwas gibt.Caspar Ibichei hat geschrieben: ↑So 10. Sep 2023, 15:05 Mit viel gutem Willen und ohne Berücksichtigung des schlechten Beigeschmacks könnte man sagen:
"Der nicht-übergriffige Pädophile ist gesellschaftlich uninteressant."
Also wäre es keine gute Ideen den Sender mal Anzuschreiben und darauf hinzuweisen dass es Pädophile Menschen gibt die keine Verbrecher sind und auch keine Therapie brauchen oder was für ein Eindruck hattest du?
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Nur das Licht eines Kindes, kann die Dunkelheit in meinen Herzen erhellen
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- Cornelius
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Wenn das so ist, dass wir mit einem diskriminierenden Vokabular gar nicht gemeint sind (sondern nur die Pädophile, die Übergriffe auf Kinder begehen), so frage ich mich: Wer sind wir dann? Eigentlich passt der Begriff Pädophile für uns ganz gut, warum kommen dann so viele Politiker und Medien nicht auf die Idee, für übergriffige Pädophile ein anderes Wort zu verwenden (z.B. pädosexuell)? Wenn ein Politiker eine so diskriminierende Sprache a'la "Ich sage allen Pädophilen: Wir kriegen Euch!" gegenüber einer anderen Minderheit verwenden würde, wäre es der Aufschrei in der Gesellschaft sehr groß. Bei der Pädophilie scheinen aber andere Regeln zu gelten: So habe ich keinen einzigen Politiker oder Wissenschaftler gehört, der dagegen protestiert hätte. Warum das so ist, darüber kann ich nur spekulieren: Ich habe aber die starke Vermutung, dass wenn ein Politiker gegen diesen Satz des Innenministers von NRW protestiert hätte, sofort der Vorwurf laut geworden wäre: "Du möchtest also, dass diese Leute nicht bestraft werden? Möchtest Du gar Sex mit Kindern legalisieren?".Caspar Ibichei hat geschrieben: ↑So 10. Sep 2023, 15:05 "Der nicht-übergriffige Pädophile ist gesellschaftlich uninteressant."
Das geht so weit, dass sogenannte Pädojäger/Kinderschützer und NRW-Innenminister nur ganz leise sagen:
"Wir meinen ja nur die anderen."
Um nochmal auch die Entstigmatisierung zurückzukommen: Diese nur als das Ausweiten von Hilfsangeboten zu verstehen, halte ich für deutlich zu kurz gegriffen. Denn jeder, der einmal auf der Suche nach einem Therapieplatz war, wird bestätigen, dass die mangelnde psychosoziale Versorgungslage in Deutschland es gar nicht zulassen würde, jedem Pädophilen ein Hilfsangebot zu unterbreiten. Und auch nicht jeder Pädophiler benötigt eine Therapie. Stattdessen gehören aus meiner Sicht vor allem auch andere wichtige Aspekte zur Entstigmatisierung der pädophilen Neigung: Verbot von Diskriminierung in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz, Fragen des Lebens mit der Pädophilie ohne Kindesmissbrauch und ohne den Konsum von Missbrauchsabbildungen etc.
Um diese Fragen öffentlich zu diskutieren, müssten sich Politik oder Gesellschaft gefallen lassen, dass der bisherige Umgang mit nichtübegriffigen Pädophilen in den letzten Jahren falsch war und die Politik bei der Gesetzgebung nicht dem Urteil von Wissenschaftlern, sondern populistischen Kampagnen gewisser Personen und Medien gefolgt ist. Weil man dazu aber aus unterschiedlichen Gründen (z.B. aus Unwissenheit oder der Angst vor Populisten) nicht bereit ist - weder Politiker*innen, noch Wissenschaftler*innen noch Vertreter*innen von Medien -, bleibt alles beim Alten. Wenigstens ist der Begriff Entstigmatisierung schon genannt worden und ich hoffe, dass dieser auch zu Diskussionen führen wird.
männlich, Präferenz für Mädchen zwischen 6 und 12 Jahren sowie erwachsene Frauen (18+), ganz vereinzelt auch für Jungen (zwischen 8 und 12 Jahren)
- Caspar Ibichei
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Dem Herrn Smilianic, mit dem ich das Interview hatte, war das schon klar. Das wusste er auch von der "Lisa".
Es ging in dem Beitrag typischerweise um Prävention.
Und diese Sendung ging bewusst darauf ein, dass die Entstigmatisierung ein Teil dieser Prävention ist.
Von öffentlichem Interesse ist nun mal nicht der graue Alltag (eines pädophilen Menschen).
Aber langsam kommen wir in diese Richtung.
Georg, >60 ● Präferenz: wbl 8-12, mnl 6-10 caspar-ibichei@gmx.de
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