Gezeigt wurden in der Studie übrigens gar nicht Kinderbilder sondern ausschließlich Tierbilder ohne Hinweis auf ein Geschlecht und die Hirnregion die ausschließlich bei den pädophilen Probanden bei Tierkinderbildern aktiv wurde war eben gerade keine, die etwas mit Sexualität zu tun hat, sondern diejenige, die das Brutpflegeverhalten steuert. Da ist also doch etwas anders - möglicherweise ist die pädophile Neigung auch MEHR als einfach nur eine sexuelle Orientierung. Möglicherweise werden diese Studienergebnisse und die Folgestudien die sicher noch kommen werden, etwas zur Entstigmatisierung beitragen können?
Eine Folgestudie scheint mir übrigens gerade noch zu laufen und möglicherweise auch noch nach Probanden zu suchen:
https://zip.uksh.de/Wissenschaft/Kiel/I ... 20097.html
Ich denke man forscht auch in diese Richtung weil es Menschen gibt, deren Leidensdruck groß ist, bei denen die Pädophilie also durchaus Krankheitswert hat - und die zwar die pädophile Neigung gerne ablegen möchten, aber nicht um den Preis, ihre Sexualität komplett auszuschalten, wie es z.B. bei der Einnahme von Präparaten zur chemischen Kastration passiert.Frank_Denker hat geschrieben: ↑Mi 19. Apr 2023, 11:39 (...) beim Versuch eines Beweises, dass man die Sexualpräferenz eines Menschen mittels Hormontherapien verändern könnte...
Die Beantwortung der Frage "Würdest Du Deine Neigung korrigieren lassen wenn das möglich wäre?" ist im Forum sehr unterschiedlich ausgefallen - 43 % beantworten das mit "ja", 57% sagen "nein", v.a. weil sie ihre pädophilen Gefühle mögen und als Teil ihrer Identität gut integrieren konnten.
Wer hat nun recht? An wem soll sich Wissenschaft orientieren? Und wie würde die Antwort auf die Foren-Umfrage aussehen, wenn die Stigmatisierung nicht wäre?
Hochproblematisch finde ich, dass Wissenschaft, ICD hin oder her, bisher die pädophile Neigung ausschließlich als Störung aufzufassen scheint und davon ausgeht, dass eine medikamentöse Ausschaltung oder Änderung per se für alle positiv wäre. Hier sieht man, dass Forschung nicht völlig abgekoppelt von den Betroffenen laufen darf - die ihrerseits eine Vielfalt repräsentieren sollten. Vielleicht wäre das mal eine Stoßrichtung - die Forderung, als Betroffene beteiligt zu werden am Forschungsdesign, an der Hypothesenbildung... auf Augenhöhe, nicht als pathologisiertes Objekt.
Pädophilie wird auch im neuen ICD-11 nicht als "Sexualpräferenz" oder "sexuelle Orientierung" bezeichnet sondern als "Paraphilie" und "Störung der sexuellen Gesundheit" eingeordnet. Allerdings wird ihr nur noch dann behandlungsbedürftiger Krankheitswert beigemessen, wenn jemand selbst stark darunter leidet oder dann, wenn von jemandem eine Fremdgefährdung ausgeht. Das ist immerhin schon mal eine Verbesserung.Frank_Denker hat geschrieben: ↑Mi 19. Apr 2023, 11:39 Oder dass die Pädophilie gar keine Sexualpräferenz ist sondern tatsächlich "nur" eine "fehlerhafte Hormonsteuerung im Gehirn" und somit eine "Krankheit"...
Allgemein finde ich persönlich die Begriffe "fehlerhaft", "gesund/ krank" etc. schwierig. Menschliches Leben ist von Vielfalt gekennzeichnet. Ein Mensch mit Trisomie21 hat 3 statt 2 Chromosomen der Nr. 21. Aber ist das fehlerhaft? Oder nicht einfach nur anders? Ein Mensch mit ADHS weicht u.a. was das Zusammenspiel mancher Hormone angeht, von der Mehrheit ab. Ist er deshalb krank? Oder einfach anders begabt? Wer entscheidet darüber? Wir wissen, dass in der vorindustriellen Zeit Menschen mit ADHS in vielen wichtigen Bereichen klar im Vorteil waren mit ihren Stärken, z.B. der Reizoffenheit und ihrer Möglichkeit des Hyperfokussierens. Wobei es mittlerweile auch Vermutungen gibt, dass ca. 30% aller Menschen im ADHS-Spektrum liegen - die Mehrheit ist hier vielleicht gar nicht so groß. Ändert das etwas? Und was?
Und ist es zielführend, wenn jede Gruppe, die für sich Verbesserungen auf der "Pathologisierungsskala" erreichen konnte, weiterhin das Normalitätskorsett an alle anderen anlegt, die noch nicht so weit sind? Es wird sich ja nicht selten von pädophiler Seite aufgeregt über die mangelnde Solidarität der LGBTIQA+-Bewegung. Eine Aussage wie "ich will als Pädophiler als ganz normal angesehen werden aber der da hat hirnorganische Veränderungen, der ist krank", wie Gast sich äußerte, finde ich da genau das gleiche wie das worüber man sich bei anderen aufregt.
Ja, die fett gedruckten Wörter zeigen, dass es noch ein weiter Weg ist, auch für die Wissenschaft. Auch ich stolpere darüber und finde sie unnötig, ärgerlich, verletzend.Frank_Denker hat geschrieben: ↑Mi 19. Apr 2023, 11:39 In der obigen Quelle bin ich über zwei Passagen "gestolpert":(...) bei pädophilen Männern und einer gesunden Kontrollgruppe (...)(fett von mir)„Dieser Therapieansatz böte die Chance, eine pädophile Neigung viel zielgerichteter zu behandeln als das heute möglich ist“
Ich finde, das Streben nach Erklärungen für Abweichungen von einer Norm sollte irgendwann auch Grenzen haben!
Dennoch: es gibt auch pädophile Menschen, die würden es begrüßen, wenn es ein gut verträgliches Medikament geben würde, das ihre Neigung der Vergangenheit angehören ließe. Jeder Mensch empfindet anders. Auch bei anderen Dingen ist das so. So gibt es z.B. Menschen die ADHS haben oder die Stimmen hören und Medikamente nehmen, um "normal" funktionieren zu können. Andere lehnen das komplett ab, weil sie diese Persönlichkeitsveränderung gar nicht wollen und weil sie sich so mögen, wie sie sind. Sie nehmen die immer mal wieder aufkommenden Konflikte mit ihrer Umwelt und ihren Mitmenschen lieber in Kauf nehmen als dass ihr Wahrnehmen und Fühlen medikamentös verändert wird. Das Problem ist auch hier der Normierungsdruck der Gesellschaft.
Es wird in diese Richtung, Pädophilie "heilen" zu können ohnehin weiter geforscht werden. Für die einen wird es ein Segen, für die anderen ein Fluch sein. Umso wichtiger wird es aus dem Schatten zu treten und sich zu Wort zu melden, gerade die, bei denen Pädophilie keinen Krankheitswert hat und die ihr So-Sein als einen Gewinn erleben.