
Ich empfinde Eure Einstellung als grundverschieden - was auch deshalb nicht überraschend ist, da Du als Vater den entwicklungspsychologischen Prozess vom Kind zum Erwachsenen in der Praxis täglich beobachten konntest an Deinen eigenen Kindern.
Dass Du versuchst, Menschen mit ausgeprägten Wahrnehmungsverzerrungen, die bereits gegenüber Kindern sexuell übergriffig geworden sind, da rauszuholen, ist toll - ich kann mir vorstellen, dass bei Dir auch viel Erfahrung mit der Thematik ist und Du da ein gutes Standing hast. Schön, wenn Du dabei Erfolge hattest!
Ich hatte auch schon etliche Gespräche mit nicht einsichtigen Tätern und weiß wie schwer das ist.
Ich persönlich denke, dass Täter mit manifesten kognitiven Verzerrungen im Sinne eines Glaubens an Einvernehmlichkeit, am besten in den Händen erfahrener und darauf spezialisierter Therapeut*innen aufgehoben sind, die im Team und Verbund mit anderen Berufsgruppen arbeiten und Supervision machen.
Du schreibst nicht wie schwer die Übergriffe in dem beschriebenen Fall waren - manchmal reicht aber auch eine einzige zärtlich gemeinte intime Berührung um ein Kind zu irritieren und die Auswirkungen können sich erst in der Pubertät zeigen, wenn das Kind bzw. der/ die Jugendliche das anders reflektiert, was damals passiert ist und welchen immensen Vertrauensbruch es erlebt hat.
Ich empfinde es daher auch als heikel, wenn man so etwas mitbekommt, nicht sofort die Eltern des Kindes zu informieren oder zur Not die Behörden einzuschalten. Ich möchte da vor Selbstüberschätzung warnen. Missbrauchstäter stellen ihr Tun meist verharmlosend dar und es sieht nochmal deutlich anders aus, was sie wirklich tun. Schließlich bilden sie sich selbst ja meist ein "aus Liebe zu handeln".
Aber wie gesagt Frank: ich kann aus Deinen wenigen Zeilen dazu nicht genug entnehmen, um den Fall einschätzen zu können und der öffentliche Bereich ist dazu nicht geeignet hier tiefer ins Gespräch zu gehen.
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass laut forensischer Daten die Rückfallgefahr pädpphiler Missbrauchstäter besonders hoch ist, viel höher als die der größten Tätergruppe nämlich derer die gar keine pädophile Neigung haben. Und das liegt nicht ganz unwesentlich an den kognitiven Verzerrungen, dass ihre Sexualität an sich schadlos mit Kindern auszuleben sei. Das enthemmt nämlich, wenn man nur äußeren (Strafdrohung gesellschaftliche Ächtung), aber nicht inneren Faktoren (eigene Moral, Selbstbildnis...) entgegen handelt.