Ich sehe das Gendern der Sprache ebenfalls kritisch. Nicht weil ich gegen die Diversität und Akzeptanz der Geschlechter bin, sondern weil ich denke, dass der Weg es über die Sprache zu erzwingen, der falsche ist.
Vielmehr müsste die Integration, Akzeptanz, Anerkennung und Gleichstellung der Geschlechter, politisch gemeistert werden.
So führen Debatten darüber, ob die Feuerwehr Gendern sollte, wenn sie "Anwohner" statt "Anwohner*innen" evakuiert, zu Unverständnis. Solche Debatten sorgen in Anbetracht beträchtlich anderer Probleme in diesem Land, für Wut und Spaltung.
Es bekräftigt indirekt dann auch Anti-Haltungen und gewisse Extreme.
Die Deutsche Sprache ist unglaublich vielseitig und präzise. Ich persönlich bin der Meinung, dass andere Wege viel wirkungsvoller sind, die gesellschaftlich und politisch geleistet werden müssen, als die Angleichung und Akzeptanz, über den Weg der Sprache zu gehen.
Durch Gendern wird z.b. keine ungleiche Bezahlung von Frauen geändert. Es ändert die Sprache, aber nicht zwingend die Realität. Das ist total schade. Die Gesellschaft sollte die Sprache gestalten und nicht die Sprache, die Gesellschaft. Aber vielleicht ist Gendern, erst der Beginn einer Gesellschaft, die auch im Kern viel offener und freier wird. Entwicklungen benötigen Zeit und wenn in einigen Jahren, nicht grundlegend etwas passiert ist, dann reichte Gendern wohl nicht.
Grüße
Markus
Gendern (ausgelagerte Diskussion)
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Dir ist schon klar, dass es beim Gendern um gesellschaftliche Machtverhältnisse geht?
Dein Katzen-Beispiel finde ich persönlich zwar äußerst putzig, ich vermute aber, dass es den angesprochenen Katzen und Katern herzlich egal ist, wie sie von dir angesprochen werden, da sie der menschlichen Sprache nicht mächtig sind; die Teilnehmerinnen einer wissenschaftlichen Studie, Wählerinnen und Politikerinnen hingegen schon.
"Schmerz gehört zum Leben, er lässt sich nicht immer vermeiden. [...] Leid entsteht, wenn Menschen daran festhalten, was sie wollen, und sich weigern, das anzunehmen, was sie haben."
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Gesellschaftliche Machtverhältnisse sollten niemals Basis eines friedlichen und konstruktiven Zusammenlebens sein. Wer hier auf Teufel komm raus gendert, um seine eigene Überlegenheit in den Vordergrund zu stellen, verdient es nicht, gehört zu werden. Genauso wenig, wer sich ständig in der Opferrolle wähnt und die rücksichtslose Überlegenheit anderer anprangert. Ja, den Katzen und Katern ist es vermutlich herzlich egal, wie sie angesprochen werden, und genauso sollten es auch die Menschen halten. Was zählt, ist Freundlichkeit und Respekt voreinander. Markus hat recht, in unserer Welt ist so vieles im Argen, was viel wichtiger wäre als ein Ereifern über eine vermeintlich rücksichtslose Sprache. Vielleicht sollten wir mal anfangen, das Problem bei den Wurzeln zu packen, dann wären solche Diskussionen gar nicht nötig. Aber wer meint, man müsste unbedingt, immer und überall gendern, dann sollte das auch nicht vor Katzen und Katzern halt machen.
- New_Life21
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Diskriminierung fängt bei Sprache an. Gendern ist ein einfaches Mittel um ein wenig gewaltfreier zu agieren. Sprache ist ein Mittel um Gewalt entgegen zu wirken. Ich finde Gendern richtig und wichtig.
Was in dem Zusammenhang vielleicht wichtig ist. Die Forderung bezieht sich ja nicht auf Sprache generell, sondern auf bestimmte Bereiche. Heißt zum Beispiel Behördensprache, Lehrsprache und Situationen in denen eine undefinierbare Menge angesprochen werden soll, wo nicht klar ist, welches Geschlecht die Menschen haben. (Beispiel: Sehr geehrte Damen und Herren oder Sehr geehrte Person XYZ ). Dem Zugrunde liegt natürlich die Grundannahme, dass es mehr als ein biologisches wie auch mehrere soziale Geschlechter gibt.
Was in dem Zusammenhang vielleicht wichtig ist. Die Forderung bezieht sich ja nicht auf Sprache generell, sondern auf bestimmte Bereiche. Heißt zum Beispiel Behördensprache, Lehrsprache und Situationen in denen eine undefinierbare Menge angesprochen werden soll, wo nicht klar ist, welches Geschlecht die Menschen haben. (Beispiel: Sehr geehrte Damen und Herren oder Sehr geehrte Person XYZ ). Dem Zugrunde liegt natürlich die Grundannahme, dass es mehr als ein biologisches wie auch mehrere soziale Geschlechter gibt.
Ich bin hier um den Neuanfang zu schaffen. Danke für eure Unterstützung!
Jede*r ist seines*ihres Glückes Schmied*in.
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- Dune
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Das sehe ich auch so. Für mich hat gendern auch etwas mit Freundlichkeit und Respekt zu tun. Und zwar mit der Tatsache, dass Mädchen und Frauen bis vor einigen Jahrzehnten auch in Europa und Deutschland von großen Teilen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen waren und es in vielen Teilen der Welt immer noch sind.
Mit der konsequenten Benennung auch der weiblichen Form in meiner Schriftsprache zolle ich insofern der Tatsache Rechnung und Respekt, dass Mädchen und Frauen ein sichtbarer Teil der Gesellschaft sind und natürlich auch machtpolitisch (denn Politik hat immer auch etwas mit Macht zu tun), die Geschicke ihrer Länder und der Welt mitbestimmen (sollen!).
Das meinte ich damit, wenn ich schrieb, dass es beim gendern um gesellschaftliche Machtverhältnisse geht. Es geht nicht darum, dich als Mann zu unterdrücken, Mitleser, sondern darum, dass wir alle - Männer, Frauen und Kinder - ein sichtbarer Teil der Gesellschaft sind, die wir gemeinsam nach unseren jeweiligen Bedürfnissen und Fähigkeiten gestalten.
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- Mascha
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Sprache bildet Wirklichkeit nicht nur einfach ab, sondern prägt sie auch. Es ist ein großer Unterschied, ob die Medien in einem Artikel über Kindesmissbrauch von "Missbrauchstätern", "pädophilen Tätern", "Pädosexuellen" oder von "pädophilen Kinderschändern" schreiben oder ob in Kommentaren in sozialen Medien gar von "pädophilen Kinderfickern" die Rede ist. Soweit sind wir uns vermutlich einig. Auch darüber, dass in der Auseinandersetzung darüber, welche sprachlichen Begriffe gut, im Sinne von "Menschen mit pädophiler Neigung nicht diskriminierend" sind, Macht eine Rolle spielt. Die nichtpädophile Mehrheitsgesellschaft kann entscheiden, wie sie mit Pädophilen umgehen möchte, sie entscheidet darüber, wie ihr gesehen werdet und wie ihr bezeichnet werden dürft. Fremdbezeichnungen sind immer eine Form der Machtausübung. Selbstbezeichnungen sind Empowerment, sind Stärkung.
Auch "Unsichtbarmachen" ist eine Form der Machtausübung. Wenn bei der neutralen Aufzählung sexueller Minderheiten (LGBTIQA*) z.B. Pädophile nie mitgenannt werden sondern Pädophilie regelmäßig nur im Kontext von Kriminalität sprachlich auftaucht ist das in meinen Augen Diskriminierung.
Sprache ist, das ist meine Überzeugung, also auch bei Eurem Thema etwas, das mitgedacht werden muss, wo Forderungen gestellt werden sollten, Kritik laut werden sollte, um Veränderungen der Wahrnehmung in der Gesellschaft zu bewirken.
Denn durch Benennungen bzw. Nicht-Benennungen, durch sprachliche Ab- oder Aufwertung, werden gesellschaftliche Vorstellungen davon, was normal, und gut ist, aufgerufen und bestätigt. Und so ist es bei allen Diskriminierungsformen, egal ob es um Hass gegen Pädophile, um Homo- oder Trans*phobie, um Rassismus, Sexismus oder Behindertenfeindlichkeit etc. geht.
Und Gendern macht eben für Mädchen und Frauen einen Unterschied. Untersuchungen haben z.B. gezeigt, dass die Berufswahl von Schüler*innen maßgeblich durch die sprachliche und bildliche Darstellung der jeweiligen Berufsgruppen in Unterrichtswerken beeinflusst wird. Wird dort zum Beispiel nur von Maschinenbauern, Ingenieuren etc. gesprochen, dann sehen deutlich weniger Mädchen es als eine Möglichkeit an, selbst diese Berufe zu ergreifen.
"Alle Philosophie ist Sprachkritik." schreibt der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Und: "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt."
Interessanterweise gab es, als der alte Beruf, der traditionell von Ordensschwestern ausgeübt wurde, die Krankenschwester, in Krankenpfleger/in umbenannt wurde, keinen Sturm der Entrüstung von Männern, obwohl man ja auch einfach gnädig hätte sagen können, die Männer die diesen Beruf wählen, dürfen sich bei "Krankenschwester" mitgemeint fühlen. Aber Gnade ist eben etwas was nur von den Mächtigen ausgeübt werden kann. Und auch wenn Frauen in mehr als 100 Jahren vieles erkämpfen konnten ist das Geschlechterverhältnis selbst in Europa noch weit entfernt davon, gleichberechtigt zu sein.
Sprache ist also entscheidend dafür, in welchem Maße ich die Welt erfasse.
"Was sich überhaupt sagen läßt, läßt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen."... so drückt Wittgenstein es aus.
Versuche, durch die Reform der Sprache auf die in Grammatik eingeschriebenen Machtverhältnisse einzuwirken, spielten im Kontext der sozialen Kämpfe um Gleichberechtigung seit den 1970er Jahren eine zentrale Rolle. Das generische Maskulinum (die Verwendung der männlichen Form für alle Geschlechter) macht Mädchen und Frauen unsichtbar. Warum sollten wir es weiter verwenden?
Damals wurde zuerst das Binnen-I eingebracht, um auch das Mittel der Sprache zu nutzen, um zu mehr Geschlechtergerechtigkeit zu kommen.
Mittlerweile haben sich weitere Bevölkerungsgruppen emanzipiert, sind aus der Unsichtbarkeit getreten, klagen ihre Diskriminierung an und mehr Rechte ein. Trans*- und Intermenschen passen weder in die weibliche noch in die männliche Kategorie. Ihre Existenz stellt sogar die Vorstellung, dass es nur 2 Geschlechter gibt, auf den Kopf. Dabei gab es schon immer Menschen, die intersexuell auf die Welt kamen, mit männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmalen und uneindeutigen Hormonen und Chromosomen. Diesen Menschen wurde in Deutschland erst vor kurzem das Recht eingeräumt, so zu sein wie sie sind. Sie werden nicht mehr als Säugling zwangsoperiert, sie müssen sich nicht mehr zwangsweise der Kategorie Mann oder Frau zuordnen und sie werden zunehmend auch sprachlich berücksichtigt durch die Aufzählung "männlich, weiblich, divers", durch Gender*Sternchen, Doppel:Punkte oder U_nterstriche, die sie sprachlich sichtbar machen sollen.
Sprache ist nicht nur wandelbar, sondern verändert sich ständig. Keine*r spricht und schreibt heute noch so wie zu Goethes Zeiten. Kinder müssen Eltern z.B. nicht mehr Siezen. Die Veränderungen von Sprache geschehen laufend, die Versuche, eine geschlechtersensiblere und für unterschiedliche geschlechtliche wie sexuelle Positionen offene Sprache zu schaffen, können insofern auch als Ausdruck eines wachsenden Bedürfnisses gesehen werden, eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen.
Man kann sich natürlich auch dagegen entscheiden. Man kann sagen "Gerechtere Gesellschaft? Hab ich was davon? Nö? Dann interessiert mich das nicht." Oder "Da wird was für andere getan, aber nicht für mich, daher schieße ich dagegen."
Dann aber bitte auch nicht beschweren, wenn die nichtpädophile Mehrheit weiter ihre Dominanz nutzt um die Schuld an Missbrauch auf Pädophile zu schieben und diese sprachlich zu Monstern zu machen.
Man kann sich aber auch bewusst dafür entscheiden, für eine gerechtere, insgesamt von weniger Diskriminierungen geprägte Gesellschaft einzustehen.
Noch zweimal Wittgenstein:
"Auch Worte sind Taten."
"Auch Gedanken fallen manchmal unreif vom Baum."
Auch "Unsichtbarmachen" ist eine Form der Machtausübung. Wenn bei der neutralen Aufzählung sexueller Minderheiten (LGBTIQA*) z.B. Pädophile nie mitgenannt werden sondern Pädophilie regelmäßig nur im Kontext von Kriminalität sprachlich auftaucht ist das in meinen Augen Diskriminierung.
Sprache ist, das ist meine Überzeugung, also auch bei Eurem Thema etwas, das mitgedacht werden muss, wo Forderungen gestellt werden sollten, Kritik laut werden sollte, um Veränderungen der Wahrnehmung in der Gesellschaft zu bewirken.
Denn durch Benennungen bzw. Nicht-Benennungen, durch sprachliche Ab- oder Aufwertung, werden gesellschaftliche Vorstellungen davon, was normal, und gut ist, aufgerufen und bestätigt. Und so ist es bei allen Diskriminierungsformen, egal ob es um Hass gegen Pädophile, um Homo- oder Trans*phobie, um Rassismus, Sexismus oder Behindertenfeindlichkeit etc. geht.
Und Gendern macht eben für Mädchen und Frauen einen Unterschied. Untersuchungen haben z.B. gezeigt, dass die Berufswahl von Schüler*innen maßgeblich durch die sprachliche und bildliche Darstellung der jeweiligen Berufsgruppen in Unterrichtswerken beeinflusst wird. Wird dort zum Beispiel nur von Maschinenbauern, Ingenieuren etc. gesprochen, dann sehen deutlich weniger Mädchen es als eine Möglichkeit an, selbst diese Berufe zu ergreifen.
"Alle Philosophie ist Sprachkritik." schreibt der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Und: "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt."
Interessanterweise gab es, als der alte Beruf, der traditionell von Ordensschwestern ausgeübt wurde, die Krankenschwester, in Krankenpfleger/in umbenannt wurde, keinen Sturm der Entrüstung von Männern, obwohl man ja auch einfach gnädig hätte sagen können, die Männer die diesen Beruf wählen, dürfen sich bei "Krankenschwester" mitgemeint fühlen. Aber Gnade ist eben etwas was nur von den Mächtigen ausgeübt werden kann. Und auch wenn Frauen in mehr als 100 Jahren vieles erkämpfen konnten ist das Geschlechterverhältnis selbst in Europa noch weit entfernt davon, gleichberechtigt zu sein.
Sprache ist also entscheidend dafür, in welchem Maße ich die Welt erfasse.
"Was sich überhaupt sagen läßt, läßt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen."... so drückt Wittgenstein es aus.
Versuche, durch die Reform der Sprache auf die in Grammatik eingeschriebenen Machtverhältnisse einzuwirken, spielten im Kontext der sozialen Kämpfe um Gleichberechtigung seit den 1970er Jahren eine zentrale Rolle. Das generische Maskulinum (die Verwendung der männlichen Form für alle Geschlechter) macht Mädchen und Frauen unsichtbar. Warum sollten wir es weiter verwenden?
Damals wurde zuerst das Binnen-I eingebracht, um auch das Mittel der Sprache zu nutzen, um zu mehr Geschlechtergerechtigkeit zu kommen.
Mittlerweile haben sich weitere Bevölkerungsgruppen emanzipiert, sind aus der Unsichtbarkeit getreten, klagen ihre Diskriminierung an und mehr Rechte ein. Trans*- und Intermenschen passen weder in die weibliche noch in die männliche Kategorie. Ihre Existenz stellt sogar die Vorstellung, dass es nur 2 Geschlechter gibt, auf den Kopf. Dabei gab es schon immer Menschen, die intersexuell auf die Welt kamen, mit männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmalen und uneindeutigen Hormonen und Chromosomen. Diesen Menschen wurde in Deutschland erst vor kurzem das Recht eingeräumt, so zu sein wie sie sind. Sie werden nicht mehr als Säugling zwangsoperiert, sie müssen sich nicht mehr zwangsweise der Kategorie Mann oder Frau zuordnen und sie werden zunehmend auch sprachlich berücksichtigt durch die Aufzählung "männlich, weiblich, divers", durch Gender*Sternchen, Doppel:Punkte oder U_nterstriche, die sie sprachlich sichtbar machen sollen.
Sprache ist nicht nur wandelbar, sondern verändert sich ständig. Keine*r spricht und schreibt heute noch so wie zu Goethes Zeiten. Kinder müssen Eltern z.B. nicht mehr Siezen. Die Veränderungen von Sprache geschehen laufend, die Versuche, eine geschlechtersensiblere und für unterschiedliche geschlechtliche wie sexuelle Positionen offene Sprache zu schaffen, können insofern auch als Ausdruck eines wachsenden Bedürfnisses gesehen werden, eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen.
Man kann sich natürlich auch dagegen entscheiden. Man kann sagen "Gerechtere Gesellschaft? Hab ich was davon? Nö? Dann interessiert mich das nicht." Oder "Da wird was für andere getan, aber nicht für mich, daher schieße ich dagegen."
Dann aber bitte auch nicht beschweren, wenn die nichtpädophile Mehrheit weiter ihre Dominanz nutzt um die Schuld an Missbrauch auf Pädophile zu schieben und diese sprachlich zu Monstern zu machen.
Man kann sich aber auch bewusst dafür entscheiden, für eine gerechtere, insgesamt von weniger Diskriminierungen geprägte Gesellschaft einzustehen.
Noch zweimal Wittgenstein:
"Auch Worte sind Taten."
"Auch Gedanken fallen manchmal unreif vom Baum."
Zuletzt geändert von Mascha am So 11. Sep 2022, 13:53, insgesamt 1-mal geändert.
- Mitleser
- Gesperrt
- Beiträge: 1166
- Registriert: Mi 23. Jan 2019, 20:19
Es bleibt allerdings die Frage, wie ich diskriminierungsfrei gendern kann, wenn neben Männern und Frauen auch Trans- und Intersexuelle sowie sonstige "diverse" Personen mit einbezogen werden sollen. Muss ich in Zukunft drei verschiedene Endungen mit Sternchen, Doppelpunkten und dergleichen in einem Wort unterbringen? Oder müssen wir "genderfreie" Personalpronomen erfinden, die wir dann für alle verwenden? Genau das ist ja mit dem generischen Maskulinum schon seit langem umgesetzt, und in den wenigen Fällen, wo ein generisches Femininum existiert, hat man auch dieses verwendet, wenn nicht eine Hilfskonstruktion, die alle Geschlechter einschließt, eingeführt wurde.
Nun kann man natürlich anprangern, dass das männliche Geschlecht mit dem generischen Maskulinum deutlich überrepräsentiert ist und Frauen und Mädchen quasi "unsichtbar" sind. Das zweifele ich auch keineswegs an, aber ich halte die Verwendung von Sternchen, Doppelpunkten, Unterstrichen usw. eben nicht für zielführend, weil es zum einen das Sprachbild unschön erscheinen lässt, und zum anderen wie gesagt auch "diverse" Geschlechter unberücksichtigt lässt.
Zugegebenermaßen weiß ich nicht, wie ich letztere ansprechen soll, aber zumindest für Frauen und Männer kann ich problemlos "Teilnehmerinnen und Teilnehmer" sagen, ich breche mir da keinen Zacken aus der Krone, auch wenn's so etwas länger wird. Zudem wird bei solchen Konstruktionen das weibliche Geschlecht immer an erster Stelle genannt, und auch in jeglichen anderen Anstandsregeln à la "Knigge" wird Wert darauf gelegt, Frauen und Mädchen höflich und zuvorkommend zu behandeln - insofern kann ich den Einwurf, selbige würden "immer" unterdrückt, nicht gelten lassen. Dass diese Höflichkeitsregeln oft abgekoppelt vom tatsächlichen Leben waren und sind, steht natürlich auf einem anderen Blatt.
Sprache darf sich gerne verändern und weiterentwickeln, aber Gendersternchen und dergleichen sind für mich nicht mit den kulturhistorischen Werten vereinbar, auf denen unsere Sprache basiert. Auch die Rechtschreibreformen haben immer wieder zu großen Diskussionen geführt, und oft wurden Vorschläge rückgängig gemacht, weil die gewünschte Vereinfachung qualitativ zu wünschen übrig ließ. Auch bei der aktuellen Genderdiskussion sollten solche stilistischen Dinge berücksichtigt werden, und solange jeder gendert, wie er will, und man im Alltag mit einem "Wildwuchs" von verschiedenen Formen begegnet, stehe ich dem Thema eher reserviert gegenüber. Es müssten also erst einmal klare, allgemeingültige Regeln aufgestellt werden, so wie eben auch die Rechtschreibung für alle verbindlich ist.
Nun kann man natürlich anprangern, dass das männliche Geschlecht mit dem generischen Maskulinum deutlich überrepräsentiert ist und Frauen und Mädchen quasi "unsichtbar" sind. Das zweifele ich auch keineswegs an, aber ich halte die Verwendung von Sternchen, Doppelpunkten, Unterstrichen usw. eben nicht für zielführend, weil es zum einen das Sprachbild unschön erscheinen lässt, und zum anderen wie gesagt auch "diverse" Geschlechter unberücksichtigt lässt.
Zugegebenermaßen weiß ich nicht, wie ich letztere ansprechen soll, aber zumindest für Frauen und Männer kann ich problemlos "Teilnehmerinnen und Teilnehmer" sagen, ich breche mir da keinen Zacken aus der Krone, auch wenn's so etwas länger wird. Zudem wird bei solchen Konstruktionen das weibliche Geschlecht immer an erster Stelle genannt, und auch in jeglichen anderen Anstandsregeln à la "Knigge" wird Wert darauf gelegt, Frauen und Mädchen höflich und zuvorkommend zu behandeln - insofern kann ich den Einwurf, selbige würden "immer" unterdrückt, nicht gelten lassen. Dass diese Höflichkeitsregeln oft abgekoppelt vom tatsächlichen Leben waren und sind, steht natürlich auf einem anderen Blatt.
Sprache darf sich gerne verändern und weiterentwickeln, aber Gendersternchen und dergleichen sind für mich nicht mit den kulturhistorischen Werten vereinbar, auf denen unsere Sprache basiert. Auch die Rechtschreibreformen haben immer wieder zu großen Diskussionen geführt, und oft wurden Vorschläge rückgängig gemacht, weil die gewünschte Vereinfachung qualitativ zu wünschen übrig ließ. Auch bei der aktuellen Genderdiskussion sollten solche stilistischen Dinge berücksichtigt werden, und solange jeder gendert, wie er will, und man im Alltag mit einem "Wildwuchs" von verschiedenen Formen begegnet, stehe ich dem Thema eher reserviert gegenüber. Es müssten also erst einmal klare, allgemeingültige Regeln aufgestellt werden, so wie eben auch die Rechtschreibung für alle verbindlich ist.