DoppelM hat geschrieben: ↑Di 31. Aug 2021, 17:36
Das Thema Realitätsverlust sehe ich im mit dem Kontext zu Kindersexpuppen sehr eng verflochten.
Wenn man eine Puppe so weit selbst gestalten kann das sie zum Beispiel dem Nachbarskind sehr ähnlich sieht und mit dieser Puppe dann in der Fantasie eine Beziehung eingeht, egal welcher form, sehe ich die Gefahr gegeben das man irgendwann diese Fantasien auch auf das Nachbarskind überträgt und nicht mehr zwischen der Puppe und dem echten Kind unterscheiden kann.
Das Problem bei deinem theoretischen Gedankenkonstrukt ist nicht die Puppe sondern der psychisch labile Mensch, der nicht mehr zwischen Realität und Wirklichkeit unterscheiden kann. Menschen die das nicht unterscheiden können, sind wohl auch ohne Puppe gefährdet. Da wäre selbst das Nachmittagsprogramm im Fernsehen oder eine Spielekonsole schon eine größere Gefahr als eine passive Puppe. Oder stell dir mal vor, der fährt mit einem Auto und hält das dann für ein Videospiel? Wäre das nicht sogar noch naheliegender und sogar gefährlicher?
Außerdem kann man genau so ein theoretisches Szenario entwickeln, bei dem die Lage ohne Puppe eskaliert und die Puppe das verhindern hätte können.
Was willst du uns mit deinem fiktiven konstruierten Szenario mitteilen? Soll das nun ein Ausnahmefall sein?
Anstatt sich mal ernsthaft mit der Thematik zu befassen, entwirfst du in deiner Fantasie realitätsfremde Gedankenkonstrukte und diskutierst diese. Fakten werden dabei einfach ignoriert. Soviel zum Thema Realitätsverlust.
In allen Studien zu Sexpuppen sieht man ganz deutlich, dass die Puppe nicht als Nachbildung einer bestimmten Person dient, sondern selbst zum individuellen Partner wird. (z.B. aus der Studie "Sexpuppen und Sexroboter aus psychologischer und therapeutischer Perspektive" von Prof. Dr. Döring : "Denn sie alle haben einen Namen, nicht selten auch eine bewegte Biografie und distinkte Persönlichkeit, die sich ihre Besitzer für sie erdacht haben.") Dein Konstrukt der Nachbildung einer Person, die man persönlich kennt, kommt nirgends vor. Das zu diskutieren macht also einfach keinen Sinn.
DoppelM hat geschrieben: ↑Do 22. Jul 2021, 19:37
...da er die Möglichkeit das man echte Kinder nachmodellieren kann kritisch sieht (da sind er und ich uns aucheinig).
Da du dieses Thema aber sogar mit Carsten Stahl im Interview diskutiert hast, würde mich jetzt mal interessieren, wo man sich eine Sexpuppe nach einer echten Person nach modellieren lassen kann. Wo gibt es dieses Angebot? Mir ist dazu nichts bekannt. Welcher Hersteller macht das und wie viel kostet das?
[Mod: ]
Damit sich jeder selbst eine Meinung zur angeblichen Nachahmungsgefahr bilden kann, habe ich hier mal einige Aussagen dazu zusammengefasst.
Dr. Christoph J. Ahlers:
"Es ist eine Fehlvorstellung, zu glauben, wer eine solche Puppe hat, der wird pädophil oder begeht Kindesmissbrauch. Die Frage, ob jemand zum Täter wird, entscheidet seine Persönlichkeit, nicht seine Sexualpräferenz und eine genutzte Stimulation."
Bundesrechtsanwaltskammer:
"Nach der Begründung des Entwurfes seien nämlich solche Puppen geeignet, den Wunsch nach sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu wecken oder zu verstärken. Das ist aber wissenschaftlich keineswegs belegt. Empirische Untersuchungen dazu gibt es – soweit ersichtlich – nicht. Soweit man zum Thema etwas findet, wird in gleicher Häufigkeit das Gegenteil vertreten: Solche Puppen seien ein Ventil, eine legale Möglichkeit, Fantasien auszuleben, ohne dass echte Personen zu Schaden kommen. Puppen dienten demnach dem Schutz vor Missbrauch, da pädophile Impulse, das steht immerhin fest, nicht einfach abgeschaltet werden können."
Prof. Dr. Joachim Renzikowski:
"Aber viele pädophil veranlagte Männer werden nicht zu Missbrauchstätern, sondern begnügen sich mit Selbstbefriedigungsphantasien. Daher scheint eher ein Gegensatz zwischen Tätern zu bestehen, die ihre Phantasien im Internet ausleben, und realen Missbrauchstätern. Übergriffige Täter können durchaus auch Kinderpornographie besitzen, aber die Bilder sind nicht Auslöser für weitere Taten, sondern Kompensation fehlender Gelegenheiten. Angesichts dessen steht die Annahme, Sex mit Puppen könnte eine Nachahmungsgefahr begründen, auf recht wackeligen Beinen."
Prof. Dr. Tatjana Hörnle:
Auch der Nutzer werde dadurch „zur Ausübung sexualisierter Gewalt“ verleitet. Wie auch an anderen Stellen in der Begründung wird nicht ansatzweise der Versuch unternommen, solche Hypothesen ernsthaft zu entwickeln, geschweige denn den Stand der Forschung zu erfassen. ... Die These, dass Vertrieb und Besitz von Sexpuppen die Wahrscheinlichkeit von Sexualdelikten steigern, müsste untersucht werden, weil in der psychologischen Literatur eine Gegenthese erwähnt wird, nämlich dass die Benutzung von Gegenständen ein legaler Ausweg sein könnte. Es ist erschreckend und einer rechtsstaatlichen Rechtsordnung nicht angemessen, dass auf der Basis von wenigen Sätzen mit nicht recherchierten Aussagen zu menschlichem Verhalten Kriminalstrafe eingeführt werden soll.
Dr. Leonie Steinl vom deutschen Juristinnenbund:
Es fehlt an empirischen Grundlagen, inwiefern die Nutzung kindlicher Sexpuppen tatsächlich die Gefährdung von Kindern zumindest mittelbar fördert.
Dr. Jenny Lederer:
"Damit drohen eine Pönalisierung von Phantasien und Gedanken und eine weite Vorfeldverlagerung von Strafbarkeit, mit der ein Großteil von gerade nicht übergriffigen Menschen kriminalisiert und stigmatisiert würde. Es droht eine Instrumentalisierung des Strafrechtes für symbolpolitische, fernab des Rechtsgüterschutzes liegende Zwecke. Umgekehrt bleibt außen vor, dass die Kriminalisierung sogar kontraproduktiv sein könnte und den Zweck verfehlt, dem Kinderschutz zu dienen: Menschen, die - nicht frei gewählt - über eine entsprechende deviante sexuelle Präferenz verfügen, leben oft mit einem erheblichen Leidensdruck. Ihre sexuellen Präferenzen können sie nicht, und zwar nie, ausleben, ohne sich strafbar zu machen. ...Dennoch begeht die weit überwiegende Mehrzahl keine Straftaten."
Prof. Dr. Nicola Döring:
So ist aus psychologischer Sicht davor zu warnen, die anhaltenden Probleme mit Sexismus und sexueller Gewalt in der Gesellschaft vorschnell und einseitig auf Sexprodukte als vermeintlichen Problemursachen zu projizieren und sich Lösungen von deren moralischen Verurteilung und Kriminalisierung zu versprechen. Eine derartige Fehlattribution läuft Gefahr, von den eigentlichen Problemursachen und von wirkungsvollen Interventionen abzulenken zugunsten nutzloser Moralpanik und Moralpolitik.