von Mascha » So 15. Jan 2023, 10:12
Danke, DoppelM, dafür dass Du Deine eigene Erfahrung teilst. Ich habe die letzten Tage mitgelesen und viel nachgedacht.
Ich kann den Ärger und die Enttäuschung von Kid Gohan sehr gut nachvollziehen. Die psychoziale Versorgungssituation, im Grunde oft auch die gesamte Lebenssituation von "Doppeltbetroffenen", also Menschen die sowohl Missbrauch erlebt haben als auch mit einer pädophilen Neigung leben, ist BESCHISSEN. Sie ist zutiefst ungerecht, diskriminierend, inhuman, in meinen Augen weder mit dem Grundgesetz noch mit den Menschenrechten vereinbar und Deutschland im Jahre 2023 nicht würdig. Da gibt es eine Gruppe von Menschen, die Missbrauch erlebt haben, die quasi komplett durch´s Netz fallen. In einem der wohlhabendsten Länder der Welt mit einem vergleichsweise starken Gesundheitssystem. Sie suchen nach Hilfe und ihnen wird überall die Tür vor der Nase zugeworfen. Da ist es sogar noch positiv erwähnenswert wenn dies mal "freundlich" geschieht, wie jetzt die Absage an Kid Gohan. Als ob das nicht absolut selbstverständlich wäre, einen Menschen der nach Hilfe sucht freundlich zu behandeln.
Menschen die Missbrauch erlebt haben sind häufig traumatisiert und in ihrer Entwicklung geschädigt. Häufig fangen sie sich nicht von selbst auf, sondern brauchen therapeutische Hilfe, sonst ist ihr Weg in Langzeiterkrankung und Langzeitarbeitslosigkeit vorgezeichnet - und es gibt keine einzige Institution, wo man diese Menschen hinschicken kann und in guten Händen weiß mit ihrem Bedarf nach einer Traumatherapie oder anders gearteten Hilfe in Bezug auf den erlebten Missbrauch. Noch nichtmal kann man sie irgendwo hinschicken im Wissen, dass man sie wenigstens gut behandelt, wenn man feststellt, dass das eigene Angebot nicht zum Bedarf passt. Stattdessen werden sie nicht selten sogar noch im Hilfesystem stigmatisiert und wie Menschen zweiter Klasse behandelt. Es ist unfassbar, weshalb es nicht wenigstens ein spezialisiertes Angebot gibt, das Doppeltbetroffenen helfen kann oder es zumindest versucht. Wenigstens eine Traumklinik, die ein solches Angebot macht.
Ich persönlich finde es nachvollziehbar, dass Lichtweg.de Kid Gohans Anfrage ablehnt. Wenn man sich die Stigma-Studie von Sarah Jahnke anschaut, dann ist klar: es gibt so gut wie keine Menschen ohne Vorbehalte gegenüber Menschen mit pädophiler Neigung. Und 40% hat verfestigte negative, ja feindliche Einstellungen. Selbst Therapeut*innen winken meist ab und schicken Hilfesuchende weg. Fast niemand kennt sich mit der ganzen Thematik aus. Die Ablehnung ist möglicherweise in einem Forum oder in einer Selbsthilfegruppe von Menschen, die Missbrauch erlebt haben, noch höher, denn es handelt sich um Geschädigte von dem, wovon pädophile Menschen träumen bzw. wozu sie sexuelle Lust empfinden und sich selbst befriedigen -aauch wenn das in der Regel nur in der Phantasie passiert. Dass das sehr herausfordernd ist kann man nicht zuletzt auch daran ablesen, dass Doppeltbetroffene es in der Regel ungleich schwerer haben, zu einer Selbstakzeptanz der pädophilen Neigung zu finden.
Freilich werden nur manche Missbrauchsopfer von einem Menschen mit pädophiler Neigung geschädigt worden sein. Aber die Gleichsetzung von Tat und Neigung ist in der gesamten Gesellschaft noch so verbreitet, dass es in meinen Augen unrealistisch und auch ungerecht wäre, ausgerechnet von Missbrauchsopfern zu erwarten, dass sie besser informiert und toleranter snd als der Rest der Gesellschaft. Trauma jedenfalls wirkt eher in die andere Richtung und verfestigt Schwarz-Weiß-Denken und Ängste.
Und es besteht ganz real die Gefahr, dass jemand retraumatisiert wird. Die besteht selbst in einer Klinik, weshalb auch Traumakliniken schauen, dass sie das Thema Pädophilie raushalten. Verständlich aus Sicht ihrer Zielgruppe.
Und niedergelassene Therapeut*innen können sich gut aussuchen, wen sie als Klient*in annehmen und wen nicht - und halsen sich auch ungerne ein Thema auf, dem sie sich nicht gewachsen fühlen, für das sie nicht ausgebildet sind und wo sie zudem das Risiko sehen, in schwieriges Fahrwasser zu kommen, möglicherweise auch rechtlich. So sind zumindest die Ängste. Niedergelassene Therapeut*innen sind mit ihrer Aufgabe meist alleine, ohne Einschätzungen von Kolleg*innen, sie verantworten alles was sie tun selbst und können nicht, wie z.B. die Angestellten von KTW, auf ein Netzwerk zurückgreifen, auf regelmäßige Teamsitzungen wo sie mit erfahrenen Kolleg*innen reflektieren und nach Lösungen suchen, auch mit solchen anderer Professionen wie Mediziner*innen.
Es bleibt schwierig und in meinen Augen wäre es klug und wichtig aus einer Betroffenenposition heraus öffentlich eine Verbesserung der psychosozialen Versorgung von Doppeltbetroffenen zu fordern und sich dort zu investieren.
Vielleicht ist das ja auch mal eine Idee für eine gute und thematisch neue Doku - vielleicht liest hier jemande von den guten und anspruchsvollen Filmer*innen, die sich in den letzten Jahren mit viel Mut und Einfühlsamkeit an das Thema Pädophilie herangewagt haben mit? Oder jemand von den selbst Betroffenen tritt mal mit dieser Idee an sie heran? Liz Wieskerstrauch könnte ich mir da zum Beispiel sehr gut vorstellen.
Danke, DoppelM, dafür dass Du Deine eigene Erfahrung teilst. Ich habe die letzten Tage mitgelesen und viel nachgedacht.
Ich kann den Ärger und die Enttäuschung von Kid Gohan sehr gut nachvollziehen. Die psychoziale Versorgungssituation, im Grunde oft auch die gesamte Lebenssituation von "Doppeltbetroffenen", also Menschen die sowohl Missbrauch erlebt haben als auch mit einer pädophilen Neigung leben, ist BESCHISSEN. Sie ist zutiefst ungerecht, diskriminierend, inhuman, in meinen Augen weder mit dem Grundgesetz noch mit den Menschenrechten vereinbar und Deutschland im Jahre 2023 nicht würdig. Da gibt es eine Gruppe von Menschen, die Missbrauch erlebt haben, die quasi komplett durch´s Netz fallen. In einem der wohlhabendsten Länder der Welt mit einem vergleichsweise starken Gesundheitssystem. Sie suchen nach Hilfe und ihnen wird überall die Tür vor der Nase zugeworfen. Da ist es sogar noch positiv erwähnenswert wenn dies mal "freundlich" geschieht, wie jetzt die Absage an Kid Gohan. Als ob das nicht absolut selbstverständlich wäre, einen Menschen der nach Hilfe sucht freundlich zu behandeln.
Menschen die Missbrauch erlebt haben sind häufig traumatisiert und in ihrer Entwicklung geschädigt. Häufig fangen sie sich nicht von selbst auf, sondern brauchen therapeutische Hilfe, sonst ist ihr Weg in Langzeiterkrankung und Langzeitarbeitslosigkeit vorgezeichnet - und es gibt keine einzige Institution, wo man diese Menschen hinschicken kann und in guten Händen weiß mit ihrem Bedarf nach einer Traumatherapie oder anders gearteten Hilfe in Bezug auf den erlebten Missbrauch. Noch nichtmal kann man sie irgendwo hinschicken im Wissen, dass man sie wenigstens gut behandelt, wenn man feststellt, dass das eigene Angebot nicht zum Bedarf passt. Stattdessen werden sie nicht selten sogar noch im Hilfesystem stigmatisiert und wie Menschen zweiter Klasse behandelt. Es ist unfassbar, weshalb es nicht wenigstens ein spezialisiertes Angebot gibt, das Doppeltbetroffenen helfen kann oder es zumindest versucht. Wenigstens eine Traumklinik, die ein solches Angebot macht.
Ich persönlich finde es nachvollziehbar, dass Lichtweg.de Kid Gohans Anfrage ablehnt. Wenn man sich die Stigma-Studie von Sarah Jahnke anschaut, dann ist klar: es gibt so gut wie keine Menschen ohne Vorbehalte gegenüber Menschen mit pädophiler Neigung. Und 40% hat verfestigte negative, ja feindliche Einstellungen. Selbst Therapeut*innen winken meist ab und schicken Hilfesuchende weg. Fast niemand kennt sich mit der ganzen Thematik aus. Die Ablehnung ist möglicherweise in einem Forum oder in einer Selbsthilfegruppe von Menschen, die Missbrauch erlebt haben, noch höher, denn es handelt sich um Geschädigte von dem, wovon pädophile Menschen träumen bzw. wozu sie sexuelle Lust empfinden und sich selbst befriedigen -aauch wenn das in der Regel nur in der Phantasie passiert. Dass das sehr herausfordernd ist kann man nicht zuletzt auch daran ablesen, dass Doppeltbetroffene es in der Regel ungleich schwerer haben, zu einer Selbstakzeptanz der pädophilen Neigung zu finden.
Freilich werden nur manche Missbrauchsopfer von einem Menschen mit pädophiler Neigung geschädigt worden sein. Aber die Gleichsetzung von Tat und Neigung ist in der gesamten Gesellschaft noch so verbreitet, dass es in meinen Augen unrealistisch und auch ungerecht wäre, ausgerechnet von Missbrauchsopfern zu erwarten, dass sie besser informiert und toleranter snd als der Rest der Gesellschaft. Trauma jedenfalls wirkt eher in die andere Richtung und verfestigt Schwarz-Weiß-Denken und Ängste.
Und es besteht ganz real die Gefahr, dass jemand retraumatisiert wird. Die besteht selbst in einer Klinik, weshalb auch Traumakliniken schauen, dass sie das Thema Pädophilie raushalten. Verständlich aus Sicht ihrer Zielgruppe.
Und niedergelassene Therapeut*innen können sich gut aussuchen, wen sie als Klient*in annehmen und wen nicht - und halsen sich auch ungerne ein Thema auf, dem sie sich nicht gewachsen fühlen, für das sie nicht ausgebildet sind und wo sie zudem das Risiko sehen, in schwieriges Fahrwasser zu kommen, möglicherweise auch rechtlich. So sind zumindest die Ängste. Niedergelassene Therapeut*innen sind mit ihrer Aufgabe meist alleine, ohne Einschätzungen von Kolleg*innen, sie verantworten alles was sie tun selbst und können nicht, wie z.B. die Angestellten von KTW, auf ein Netzwerk zurückgreifen, auf regelmäßige Teamsitzungen wo sie mit erfahrenen Kolleg*innen reflektieren und nach Lösungen suchen, auch mit solchen anderer Professionen wie Mediziner*innen.
Es bleibt schwierig und in meinen Augen wäre es klug und wichtig aus einer Betroffenenposition heraus öffentlich eine Verbesserung der psychosozialen Versorgung von Doppeltbetroffenen zu fordern und sich dort zu investieren.
Vielleicht ist das ja auch mal eine Idee für eine gute und thematisch neue Doku - vielleicht liest hier jemande von den guten und anspruchsvollen Filmer*innen, die sich in den letzten Jahren mit viel Mut und Einfühlsamkeit an das Thema Pädophilie herangewagt haben mit? Oder jemand von den selbst Betroffenen tritt mal mit dieser Idee an sie heran? Liz Wieskerstrauch könnte ich mir da zum Beispiel sehr gut vorstellen.