Sexuelle Orientierung

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Gast

Sexuelle Orientierung

Beitrag von Gast »

Was wird in Europa und Deutschland als "Sexuelle Orientierung" angesehen?

War es so, dass das AGG nicht für einen päd. Erzieher zählt, mit der Begründung, dass es keine Orientierung ist? Habs iwo mal so aufgeschnappt.

Wer bestimmt was sexuelle Orientierung ist und was Störung, Identität oder Fetisch?
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Klase
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Beitrag von Klase »

Hierzu ist mir folgendes bekannt und wir sollten genau differenzieren:
Der Sexualtherapeut und -wissenschaftler Dr. Christoph Joseph Ahlers hat die Sexualpräferenz als Drei-Achsenmodell beschrieben:
Die sexuelle Orientierung legt fest, ob sich ein Mensch zum gleichen oder zum anderen Geschlecht hingezogen fühlt. Die Übergänge sind fließend, so dass sich jemand auch zu beiden Geschlechtern hingezogen fühlen kann.

Die sexuelle Ausrichtung (ich kannte sie vorher als "Chronophilie") legt fest, zu welchem körperlichen Entwicklungsstadium sich ein Mensch hingezogen fühlt. Dr. Ahlers beschreibt nur Kinder/Jugendliche und Erwachsene. Zur Chronophilie gehören aber auch noch Phänomene wie Gerontophilie bzw. Graophilie (Greis*innen-Liebe). Auch hier können die Übergänge fließend sein - z. B. bei exklusiver oder auch nicht exklusiver Pädophilie.

Als dritte Achse beschreibt Dr. Ahlers die sexuelle Neigung. Unter diese fällt, welche Art von Menschen wir mögen (dicke, dünne etc.), aber auch Vorlieben wie Nylon, Lack und Leder, die manche Menschen haben.

Nachzulesen ist das alles u. a. in seinem Buch "Vom Himmel auf Erden".

Ein bisschen verstimmt war ich auf Dr. Ahlers, als ich las, dass er die Pädophilie als "sexuelle Ausrichtung" ansieht und nicht als "sexuelle Orientierung". Denn für die "sexuelle Ausrichtung" wird nicht automatisch mitgekämpft, dass sie nicht mehr diskriminiert werden darf. Somit wird es schwieriger, sich für Antidiskrimnierung einzusetzen. Im Großen und Ganzen finde ich Dr. Ahlers Erklärungen aber gut und nachvollziehbar, auch wenn uns das mit der Trennung der "sexuellen Ausrichtung" von der "sexuellen Orientierung" noch Ärger machen kann. Was ich an Dr. Ahlers Arbeit wirklich gut finde, ist, dass er sich um sachliche Erklärungen und gute Differenzierungen bemüht. Das ist etwas, was die mediale Berichtserstattung leider noch vermissen lässt.

Um wirklich diskriminierungsfrei zu sein, sollten sich die Menschen unserer Gesellschaft dafür einsetzen, dass keine Form der Sexualpräferenz diskriminiert werden darf. Wir sollten also nicht von "sexueller Orientierung", sondern immer von der Sexualpräferenz als Ganzes reden und uns für deren Diskriminierungsschutz einsetzen. Solange Menschen keinen anderen Menschen ein Leid zufügen, ist es Unrecht sie in ihren Freiheiten zu beschneiden. Menschen sollten nicht aufgrund ihrer Sexualpräferenz Hass und Hetze ausgesetzt sein, oder sonstwie Angst haben müssen in der Öffentlichkeit offen zu Ihrer Sexualpräferenz zu stehen - ganz egal, wie diese aussieht.
männlich, puellaphil, Präferenz zu kleinen Mädchen zwischen ca. 2 und 9 Jahren, Tendenz zur Infantophilie
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Dune
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Beitrag von Dune »

Klase hat geschrieben: Fr 7. Apr 2023, 00:57 Solange Menschen keinen anderen Menschen ein Leid zufügen, ist es Unrecht sie in ihren Freiheiten zu beschneiden.
Inwiefern werden deiner Meinung nach pädophil empfindende Menschen in ihren Freiheiten beschnitten? Welche Freiheiten meinst du?
"Schmerz gehört zum Leben, er lässt sich nicht immer vermeiden. [...] Leid entsteht, wenn Menschen daran festhalten, was sie wollen, und sich weigern, das anzunehmen, was sie haben."
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gilgamesh24
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Beitrag von gilgamesh24 »

Man muss hier den juristischen Begriff der sexuellen Orientierung vom medizinischen Begriff unterscheiden. Ich glaube nicht, dass die Klassifizierung von Pädophilie als sexuelle Ausrichtung durch einen Sexualtherapeuten da der juristischen Anerkennung im Wege steht. Die überwiegende Meinung der Juristen sieht nur Heterosexualität, Homosexualität und Bisexualität als sexuelle Ausrichtungen an. Bezug genommen wird hier auf die Klassifizierungen nach ICD-10. Es gibt jedoch auch Gegenstimmen, die das anders sehen und auch Pädophilie als sexuelle Orientierung einstufen. Das ganze ist recht kompliziert, da das AGG im Wesentlichen die Umsetzung von Vorgeben der EU enthält und daher auch der Europäische Gerichtsof seine Finger mit im Spiel hat.
Allerdings ist wahrscheinlich auch von den Vertretern der letztgenannten Ansicht kaum jemand der Ansicht, dass sich aus dem AGG ein Recht eines Pädophilen darauf, als Kindergärtner beschäftigt zu werden, ableiten lässt. Ohne mir diese Ansicht zu Eigen zu machen, würde ich annehmen, dass die meisten hier wohl eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen nach § 8 AGG annehmen würden.
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Mitleser
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Beitrag von Mitleser »

Nichts für ungut, aber Du klingst mittlerweile tatsächlich wie ein Jurist, der einen Sachverhalt in möglichst komplizierte Worte fasst, die man erst dreimal lesen muss, um sie vollständig zu erfassen. ;)
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Dune
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Beitrag von Dune »

Ich fand gilgameshs Ausführungen im Wesentlichen gut verständlich, bis auf den letzten Satz:
gilgamesh24 hat geschrieben: Fr 7. Apr 2023, 23:43 dass die meisten hier wohl eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen nach § 8 AGG annehmen würden.
Könntest du für die hier Lesenden noch einmal erklären, was damit konkret gemeint ist?

Danke für deine Mühe. Ich finde es für das Forum bereichernd, auch einen in juristischen Kategorien denkenden Menschen hier zu haben. :-)
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Klase
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Beitrag von Klase »

Dune hat geschrieben: Fr 7. Apr 2023, 10:52 Inwiefern werden deiner Meinung nach pädophil empfindende Menschen in ihren Freiheiten beschnitten? Welche Freiheiten meinst du?
Das fängt mit gesellschaftlichem Druck auf uns an. Theoretisch hat jeder Mensch freie Redefreiheit in unserer Demokratie. Praktisch können wir diese Redefeiheit aber nur schwer und wenn überhaupt nur mit hohem Risiko öffentlich für uns geltend machen. Man darf uns offen diskriminieren, wenn wir zum Beispiel versuchen auf Twitter, Gute Frage und Co. sachlich zu schreiben, indem man uns einfach unsere Accounts sperrt. Solche wichtigen Akteure im Internet würden wohl ziemlich großen Ärger bekommen, wenn sie das mit anderen Minderheiten z. B. Homosexuellen täten. In der Politik sind wir quasi unsichtbar. Wenn wir an entsprechende Stellen schreiben, erhalten wir normalerweise noch nicht einmal eine Antwort. Diskussionen, die über unser Schicksal entscheiden, finden ohne uns statt. Das ist eine indirekte Beschneidung unserer Freiheiten (in diesem Fall der Redefreiheit), die auf dem Stigma basiert.

Es gibt aber auch direktere Beschneidungen unserer Freiheiten:
Politik wird oft aufgrund von Emotionen betrieben und nicht aufgrund von wissenschaftlicher Evidenz. Kinderschutz wird dann gerne instrumentalisiert um Beschränkungen unserer Freiheiten einzuführen, die gar nicht notwendig wären, weil sie kein Rechtsgut schützen. Das betrifft vor allem alternative Lebensweisen - z. B. Stichwort "Puppen". Aber das trifft auch auf andere Bereiche zu, die uns einschränken unsere Persönlichkeit zu entfalten und eine menschenwürdige Sexualität leben zu können. Ein weiteres Beispiel hierfür sind erotische Zeichnungen, bei denen ebenfalls niemand zu Schaden kommt.

Fühlst du dich wirklich überhaupt nicht in deien Freiheiten eingeschränkt, so wie Politik aktuell geführt wird?
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Klase
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Beitrag von Klase »

gilgamesh24 hat geschrieben: Fr 7. Apr 2023, 23:43 Man muss hier den juristischen Begriff der sexuellen Orientierung vom medizinischen Begriff unterscheiden. [..]
Sehr guter Einwand! Das gibt mir aber auch zu denken. In diesem Fall ist es noch wichtiger, sich endlich auf einheitliche Begrifflichkeiten zu verständigen. Wenn niemand mehr genau weiß, worüber wir eigentlich reden, wenn wir z. B. von "Sexueller Orientierung" sprechen, können wir auch nur schwer Diskriminierungsschutz für uns durchsetzen. Dr. Ahlers hat nicht nur die sexuelle Orientierung als Teil der Sexualpräferenz genau differenziert, sondern auch den Unterschied zwischen Pädophilie, Pädosexualität und Pädosexualismus beschrieben. Diese Unterscheidung macht er in seiner Dissertation. Es macht IMHO sehr viel Sinn, einen hohen Differenzierungsgrad zu verwenden, wie ihn zumindest diese Arbeiten aufweisen. Egal welche Grundlage künftig Verwendung findet, sie sollte auf jeden Fall einheitlich sein und nicht in medizinischen, juristischen oder sonstigen Bereichen abweichen. Ansonsten muss man immer den Kontext wissen, um verstehen zu können was gerade gemeint ist. Das verkompliziert die Dinge unnötig, sind die meisten Menschen ohnehin nicht gewillt, sich überhaupt mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
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gilgamesh24
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Beitrag von gilgamesh24 »

Mitleser hat geschrieben: Sa 8. Apr 2023, 07:34 Nichts für ungut, aber Du klingst mittlerweile tatsächlich wie ein Jurist, der einen Sachverhalt in möglichst komplizierte Worte fasst, die man erst dreimal lesen muss, um sie vollständig zu erfassen. ;)
Sorry, ist wahrscheinlich mehr oder weniger ne Berufskrankheit ;) Ich gelobe Besserung, aber das wird nicht ganz einfach... Wie in jedem anderen Fach lernt man halt im Studium eine Fachsprache und es ist schwierig, sich anders auszudrücken ohne den Sinn zu verzerren
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gilgamesh24
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Beitrag von gilgamesh24 »

Dune hat geschrieben: Sa 8. Apr 2023, 09:11
gilgamesh24 hat geschrieben: Fr 7. Apr 2023, 23:43 dass die meisten hier wohl eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen nach § 8 AGG annehmen würden.
Könntest du für die hier Lesenden noch einmal erklären, was damit konkret gemeint ist?
Ja, klar. Es gibt die Möglickeit, eine an sich diskriminierende unterschiedliche Behandlung durch berufliche Anforderungen zu rechtfertigen. So würde wahrscheinlich niemand auf die Idee kommen, dass das AGG einem Gehbehinderten das Recht gibt, bei der Feuerwehr zu arbeiten, weil es einfach Unsinn ist. Genauso könnte man sagen, dass es wegen des (zumindest leicht) erhöhten Missbrauchsrisikos und der möglichen Verdächtigung durch Eltern in einem Bereich, der ein Vertrauensverhältnis erfordert, sachliche Gründe gibt, die es erlauben, Pädophile nicht im Kindergarten zu beschäftigen.
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