Vielleicht einmal etwas Grundsätzliches, weshalb ich diese Debatte auch gerade im Kontext der Selbsthilfe so wichtig finde.
Es ist leicht, das Ganze in die Schmuddel-Ecke zu stellen und abzutun als die Perversität einiger weniger, und ihrer Suche nach der nächsten besseren Wichsvorlage. Es geht hier aber meiner Meinung nach um so viel mehr.
Es geht darum, gerade aus der Schmuddel-Ecke wegzukommen, Schamgefühle abzulegen und selbstbewusst für das einzutreten, was für andere sexuelle Gruppierungen selbstverständlich ist: nämlich das Recht auf die Erfüllung sexueller, emotionaler und romantischer Wünsche auf Arten, die nicht in die Rechte anderer eingreifen. Es geht darum, unsere sexuelle Selbstbestimmung zurückzukämpfen, die erst durch historische "Pädophilen"-Gruppen und ihrer fehlgeleiteten Suche nach einvernehmlichen Sex mit Minderjährigen korrumpiert, und nun auf den verbleibenden Kanälen durch gesellschaftliche und soziale Repression kaputt gemacht wird. Es geht um das Erkämpfen einer
menschenwürdigen Sexualität für uns, welche die Achtung der Grenzen und Rechte Anderer genauso umfasst wie das eigene Recht auf ein positives Erleben der eigenen Sexualität dort, wo die Grenzen Anderer nicht überschritten werden.
Genauso geht es darum zu zeigen, dass Pädophilie nicht nur auf Prävention beschränkt ist. Die Anfragen auf Abgeordnetenwatch sind inhaltlich und orthografisch gelinde gesagt stark verbesserungswürdig, aber Buschmanns Antworten darauf
sind dennoch entlarvend und spiegeln eine ganz allgemeine gesellschaftliche Haltung wider: dass nämlich im Kontext Pädophilie nur relevant ist, was therapeutischen Nutzen für das Endziel Prävention hat. So als würden wir selbst grundlegende Freiheiten nur dann verdienen, wenn es für den Kinderschutz hilfreich ist. Dabei beschränkt sich das Leben pädophiler Menschen nicht nur auf Therapie und Missbrauchsprävention, für viele ist gerade letzteres sogar überhaupt kein relevantes Thema. Auch außerhalb von Therapien müssen wir einen gesunden Umgang mit Sexualität, sowie emotionalen und romantischen Wünschen finden. Für einige sind Puppen oder Zeichnungen ein Weg dahin. Und auch hier finde ich es wichtig sich selbstbewusst hinzustellen und klar zu sagen, dass etwas, das einige Pädophile etwas glücklicher macht nicht dann komplett wertlos ist, wenn es keinen direkten missbrauchspräventiven Nutzen hat. Glück und Zufriedenheit pädophiler Menschen sind für sich genommen schon wertvolle und erstrebenswerte Ziele. Wer soll diese Botschaft an die Öffentlichkeit tragen, wenn nicht wir selber?
Nicht zuletzt geht es auch um Entstigmatisierung. Die Gesetze sind zum Großteil Ausdruck des Stigmas gegen uns, konnten nur erlassen werden, weil der reine Gedanke an Menschen, die in Kindern etwas sexuell anziehendes finden können derart abstößt, dass es einer realen Schädigung nicht mehr benötigt. Die ganze Debatte wird derzeit auf rein emotionaler Basis geführt und nährt sich dabei genau an den Emotionen, welche die meisten Menschen gegenüber Pädophilen empfinden: Angst, Ekel, Wut. Gleichzeitig befördern solche Gesetze das Stigma weiter, indem zunehmend pädophile Menschen gezielt aufgrund ihrer sexuellen und emotionalen Bedürfnisse kriminalisiert werden, punitive Einstellungen gegen Pädophile weiter normalisiert werden, und gleichzeitig etabliert wird, dass auch ohne jegliche empirische Grundlage strafrechtliche Verbote erlassen werden können, die primär gegen Pädophile zielen. Ich hoffe, ich muss nicht erklären, warum das extrem gefährlich für uns ist und dies in der Zukunft auch gegen diejenigen verwendet werden könnte, denen die Debatte jetzt vielleicht noch egal ist, weil sie weder fiktive Kinderpornografie konsumieren noch kindlicher Puppen besitzen (wollen).
Es geht zugleich darum, sich der Ideologie entgegenzustellen, dass pädophile Fantasien in jedem Fall unterdrückt und verdrängt gehören, dass sie grundsätzlichh schlecht und abartig sind. Dass, um es mit Buschmanns Worten zu sagen, die „sexuelle Fixierung“ zu Kindern auf keinem Fall „gestärkt“ werden darf, was im Endeffekt bedeutet, dass Pädophilie als „Feind“ deklariert wird, der bekämpft werden muss. Jeder Orgasmus, den ein pädophiler Mensch bei Gedanken an Kindern erlebt wird so zu etwas Schlimmen, was es zu vermeiden gilt. Dies fördert Scham- und Schuldgefühle, der Aufbau eines positiven Selbstbildes insbesondere für Kernpädophile ist so kaum möglich. Folgt man diesem Gedanken, gibt es für uns keinen Ort in der Gesellschaft, in dem wir vollumpfänglich so akzeptiert werden, wie wir sind, weil unsere innerste „sexuelle Fixierung“ nie akzeptiert wird.
Diese Formen der Stigmatisierung haben ganz konkrete belastende Folgen, die schlimmsten Fall zum Tod eines Menschen führen können. Besonders stark betroffen davon dürften gerade pädophile Jugendliche sein, die in der ganzen Debatte bisher überhaupt keine Beachtung gefunden haben.
Kurz gesagt, es geht nicht nur um Wichsvorlagen, oder darum, sich Schlupflöcher zu suchen um sich irgendwie legal an Kindesmissbrauch aufgeilen zu können. Es geht im Gegenteil genau darum, diejenigen wertzuschätzen und zu unterstützen, die sich Wege suchen genau das nicht zu tun. Am Ende sind die Debatten Ausdruck der ganz großen gesellschaftlichen Themen, die uns alle irgendwo tangieren.