Nicht pädophil veranlagten Menschen sind sexuelle Handlungen an Kindern widerwärtig

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TFF

Nicht pädophil veranlagten Menschen sind sexuelle Handlungen an Kindern widerwärtig

Beitrag von TFF »

"Im tiefen Meer des extrem professionellen Journalismus" Meedia
„Nicht pädophil veranlagten Menschen sind sexuelle Handlungen an Kindern widerwärtig, ja kaum vorstellbar. Pädophilen schlägt Abscheu und Hass entgegen. Sie müssen sich verbergen. Um an ihr Ziel, die Kinder, zu gelangen, müssen sie arglose Personen in ihre Taten einbinden. Deshalb trifft man bei der Aufdeckung von Pädokriminalität immer wieder auf Gutgläubige, die unwissentlich Voraussetzungen für die Gräueltaten geschaffen haben.“

Das ist, wie es ja gar nicht anders sein kann, gut gemeint, allerdings noch nicht einmal semi-richtig. Genauer gesagt: einfach falsch. Herr Zastrow verwechselt Pädophilie mit sexuellem Missbrauch von Kindern. Das hat er mutmaßlich aus einer Zeitung abgeschrieben. Besser wär’s gewesen, er hätte jemanden gefragt, der sich auskennt.

Pädophilie ist eine psychische Störung (manche würden alltagssprachlich sagen: „Krankheit“), sexueller Missbrauch von Kindern ist eine Straftat: ein Vergehen (meistens) oder ein Verbrechen (in den übrigen Fällen). Die Pädophilie verhält sich zum Missbrauch von Kindern wie die Blindheit zur vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung: Diese wird von manchen Blinden, aber von weitaus mehr Sehenden begangen, und nicht jeder Blinde fährt Auto. So ähnlich muss man sich das mit der Pädophilie vorstellen. Sie ist (hochwahrscheinlich) psychische „Prägung“, nicht moralisches Versagen. Insoweit unterscheidet sie sich nicht von Homo- oder Heterosexualität. In diesen Fällen könnte die FAZ nicht ohne Weiteres schreiben, dass den so Veranlagten „Abscheu und „Hass“ entgegenschlagen und sie sich verbergen müssen.

Die überwältigend große Mehrzahl aller sexuellen Übergriffe gegen Kinder wird nämlich gerade nicht von Pädophilen, sondern von hetero- oder homosexuell veranlagten Menschen begangen, deren sexuelle Neigungen sich nicht auf Kinder beschränken oder konzentrieren. Die größte Fallgruppe sind Täter, die auf Kinder als „Ersatz“-Objektive zurückgreifen: Weil sie nicht, noch nicht oder nicht mehr erwachsene Sexualpartner finden; weil sie Kindern körperlich und psychisch überlegen sind ihnen daher ihren Willen aufzwingen können; weil sich Kinder als „Gelegenheit“ anbieten. Das weiß eigentlich jeder, der sich mit dem Thema einmal ernsthaft befasst hat.

Man könnte also sagen: Was soll’s, wenn Herr Zastrow dazu Unsinn schreibt? So einfach ist es aber nicht. Worte sind nicht Zufall, sondern gedankliches Programm. Die sachunkundige, aber in höchsten Empörungsregionen angesiedelte Zusammenschreibung von Krankheit und Verbrechen, „Prägung“ und „Versagen“, ist Ausdruck eines Denkschemas, das zwischen den „kaum Vorstellbaren“ und den „nicht Veranlagten“ unterscheiden will nach Maßgabe der puren Biologie. Daher ist Zastrows These nicht nur peinlich falsch, sondern hochgradig symptomatisch: „Abscheu und Hass“ fleht er herab auf die Schänder, die Widerwärtigen, die Unnennbaren, die sich verbergen müssen vor ihm und den (seinesgleich) Normalen. Das ist eine recht erbärmliche Variante einer routinisierten Methode der Verlagerung von Schuld in ein angeblich fremdes Außen: „Wir“ sind nicht so; “Wir“ könnten so etwas gar nicht, denn „Wir“ sind so nicht „veranlagt“. Geschätzter Forschungsstand: August 1925. Suboptimal im August 2018.

Man sollte darüber nachdenken, was es bedeutet, wenn man über eine „Veranlagung“ spricht, deren Verwirklichung ausnahmslos strafbar ist. Wenn Pädophilie eine „Veranlagung“ ist wie „Heterosexualität“, ist das ja nicht schwierig: Es müsste sich eine jede und ein jeder einfach nur vorstellen, wie es wäre, wenn ihr/ihm im Alter von 13 Jahren gesagt würde, es sei von nun an bis zum Tod mit schwerer Strafe und lebenslanger Sicherungsverwahrung bedroht, irgendeine der in den nächsten 60 Jahren sehnsuchtsvoll-drängenden Fantasien in die Wirklichkeit umzusetzen. Ein jeder mag sich einmal versuchen vorzustellen, wie es wäre, wenn schon das bloße Besitzen oder Anschauen eines einzigen (virtuell erzeugten) Bildes eines sexualisiert dargestellten nackten Körpers seiner/ihrer „Veranlagung“ mit Freiheitsstrafe von drei Jahre bedroht wäre. Von der Verwirklichung einmal ganz zu schweigen.

Wenn man den Hass und die Verachtung einmal beiseitelässt, die Herrn Zastrow so leicht von den Lippen geht: Schwierige Lage, in der man nicht stecken möchte! Wie schafft es der „veranlagte“ Mensch, 60 Jahre lang sich zu „verbergen“ und dem widerwärtigen Zastrowschen Hass zu entkommen und trotzdem kein Verbrecher zu werden? Wer meint, er oder sie müsse eine Berufslaufbahn als katholischer Bischof oder Schwester Oberin einschlagen, mag noch einen Rest von Verantwortung in Form der von Strafjuristen so genannten „actio libera in causa“ (= „vorverlagerte Schuld“) haben. Aber was ist mit den Unstudierten, Doofen, einfach nur „Veranlagten“?

Weil das so ist, braucht es nicht schaumschlagend wohlfeiler Empörung in der Zeitung für Deutschland, sondern kritischer Vernunft. Nicht „Widerwärtigkeit“ und „Unvorstellbarkeit“ sind das Thema, sondern Schutz für Schwache und Verstehen von Zusammenhängen. Denn das angeblich Unvorstellbare ist mitten unter uns, jederzeit.
:!: :!: :!:
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Calimero
Inaktiv
Beiträge: 158
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 22:00

Beitrag von Calimero »

Spannender Bericht. Und so gut observiert. Ich war ein hübsches Kind - und mein Missbraucher war kein Pädophiler. Wenn man der Forschung folgt, dann sind je hundert Leute ein Pädophiler an mir vorbeigegangen, hat mich sicher lange angesehen :-) und ist einfach weiter seiner Wege gegangen.

Es ist nicht so, dass Erwachsenen sexuelle Handlungen an Kindern widerwärtig wären. Sonst würden die Väter, Onkels und ältere Brüder in den deutschen Kinderzimmern nicht so oft die Hose öffnen:


„Dort, wo Kinder einen Schutzraum haben sollten und das größte Vertrauen haben sollten: Nämlich in ihrer Familie ­ dort kommt sexueller Missbrauch am häufigsten vor, besonders von Mädchen.
Nachtrag: Diese Aufschlüsselung gilt inzwischen schon als veraltet. Aktualisierte Statistiken gehen sowohl bei mißbrauchten Mädchen wie bei Jungen von einer Verteilung 30% direkte Verwandschaft, 60% nächstes Umfeld (Freunde/Bekannte, meist der Eltern und z.B. Betreuer/Erzieher/Kirche etc.) und 10% so genannter Fremdtäter aus“.


(Quelle: https://www.regenbogenwald.de/themen/missbrauch/5.htm)
Kudo
Inaktiv
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Registriert: So 27. Mai 2018, 14:16

Beitrag von Kudo »

Pädophilie ist eine psychische Störung (manche würden alltagssprachlich sagen: „Krankheit“)
Ist das so? :roll:
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Mano
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Beiträge: 4078
Registriert: Sa 8. Apr 2017, 17:35

Beitrag von Mano »

Kudo hat geschrieben: Mi 5. Sep 2018, 13:27 Ist das so? :roll:
Es wird als eine psychische Störung bezeichnet, alles braucht einen Namen oder Bezeichnung. Bin ich denn wirklich psychisch gestört, weil ich Kinder mehr liebe als andere?
Was sind dann die Homosexuellen welche auch nicht heterosexuell sind?
Sicher ist aber, wer da von einer Krankheit spricht, hat keine Ahnung.
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Naches
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Beitrag von Naches »

Mano hat geschrieben: Do 6. Sep 2018, 22:07 Es wird als eine psychische Störung bezeichnet
Na, kommt drauf an wo man liest :D
Was war jetzt noch gleich so schlimm daran jemanden zu lieben?
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Calimero
Inaktiv
Beiträge: 158
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 22:00

Beitrag von Calimero »

Mano hat geschrieben: Do 6. Sep 2018, 22:07
Kudo hat geschrieben: Mi 5. Sep 2018, 13:27 Ist das so? :roll:
Es wird als eine psychische Störung bezeichnet, alles braucht einen Namen oder Bezeichnung. Bin ich denn wirklich psychisch gestört, weil ich Kinder mehr liebe als andere?
In der Einführung ins Thema wurde uns gesagt: Pädophilie ist eine sexuelle Präferenz und zwar bevorzugen wir das kindliche Körperschema. Da ist mal erst nichts falsch oder richtig oder gestört dran. Das ist einfach so. Heute ist Freitag. Kann auch nicht behandelt werden.

Wenn die Pädophilie allerdings als Leid erfahren wird, fremd- oder selbstverletzendem Verhalten zur Folge hat und zur Dissexualität führt, dann wird das als Störung bezeichnet. Kann behandelt werden.

So war das glaube ich, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Haben wir hier Experten, die das schon studiert haben? Stimmt das so?
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Frank Denker
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Beitrag von Frank Denker »

Genau richtig, Calimero.
So kenne ich das auch - ohne Studium... ;)

Doch genau genommen ist dann immer noch nicht die Pädophilie die Störung, sondern das Leidempfinden, das fremd- oder selbstverletzende Verhalten usw. sind die zu behandelnden psychischen Probleme.
Lt. ICD wird das zwar so nicht definiert, aber in der Behandlung wird das dann so sein.
Nach meiner Ausfassung ist das pädophile Empfinden selbst dann aber immer noch nicht die Ursache, sondern als Ursache für die o.a. Störungen sehe ich den Umgang des betroffenen Pädophilen mit der eigenen Sexualpräferenz. Wer nämlich mit diesen Gefühlen gar kein Problem hat, wird z.B. auch diesbezüglich kein Leidempfinden verspüren.
Liebeskummer möglicherweise...
Aber das ist wieder etwas anderes. ;)

Gruß
Frank
Disclaimer:
Was ich hier im Forum schreibe, verstehe ich maximal als Denkanstoß und Angebot zur Selbsthilfe! Vielleicht passt es für Dich und hilft Dir? Vielleicht aber auch nicht?
Ich möchte Dir jedoch keinesfalls "zu nahe" treten. Falls Du es aber so empfindest, dann schreibe es mir! Vielleicht habe ich nicht alle Informationen, um Deine Situation zu verstehen?
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Calimero
Inaktiv
Beiträge: 158
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 22:00

Beitrag von Calimero »

Frank Denker hat geschrieben: Fr 7. Sep 2018, 07:46 Genau richtig, Calimero.
So kenne ich das auch - ohne Studium... ;)
Neenee, wir studieren ja unentwegt Dinge ohne Studium. Da meinte ich eher "Hat sich da schon mal jemand was zu durchgelesen?" :)
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Naches
Administrator Emeritus (Inaktiv)
Beiträge: 1591
Registriert: Mo 6. Feb 2017, 19:11

Beitrag von Naches »

Calimero hat geschrieben: Fr 7. Sep 2018, 00:01 Wenn die Pädophilie allerdings als Leid erfahren wird, fremd- oder selbstverletzendem Verhalten zur Folge hat und zur Dissexualität führt, dann wird das als Störung bezeichnet. Kann behandelt werden.
So steht es im DSM-V. Dem amerikanischen Verzeichnis von Krankheiten.
So wird es auch im kommenden ICD-11 stehen, dem internationalen Verzeichnis von Krankheiten.

In der Vorgängerversion, dem ICD-10 ist die Pädophilie aber noch immer als Störung der Sexualpräferenz gelistet und gilt somit bislang noch immer als "Krankheit"

Dementsprechend:
Naches hat geschrieben: Do 6. Sep 2018, 23:20 Na, kommt drauf an wo man liest :D
Was war jetzt noch gleich so schlimm daran jemanden zu lieben?
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Caspar Ibichei
SuH-Team
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Registriert: So 12. Feb 2017, 20:43
Wohnort: Deutschland

Beitrag von Caspar Ibichei »

In dem Zitat von TFF finden sich die Worte des Kolumnisten Thomas Fischer, der damit auf einen Bericht von Volker Zastrow eingeht. (Danke TFF. :) )
Die FAZ für Deutschland widmet sich, wie wir wissen, gern Fragen von Sicherheit und Ordnung. Nun hat der Redakteur Volker Zastrow in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 19. August 2018 ein Ergebnis seiner intellektuellen Bemühungen bekannt gegeben:
„Nicht pädophil veranlagten Menschen sind sexuelle Handlungen an Kindern widerwärtig, ja kaum vorstellbar. ...
Vielleicht hätte dieser erste Teil als Zitat im Zitat deutlicher hervorgehoben werden können.
Hätte ..., wenn ..., könnte ...
Diese Worte des Herrn Zastrow finde ich definitiv interessanter als eine Bemerkung (Ausrutscher?) über Pädophilie als Krankheit.
Immerhinn trennt Herr Fischer doch deutlich und ausdrücklich zwischen der Gefühls- und der Handlungsebene, zwischen Neigung und Missbrauchshandlung.
An den Originalartikel von Herrn Zastrow bin ich leider nicht gekommen. Der wäre bestimmt sehr interessant zu lesen.
Georg, >60 ● Präferenz: wbl 8-12, mnl 6-10 caspar-ibichei@gmx.de
„Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.“ (Che Guevara)
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