Feature auf Deutschlandfunk am 6.3.2018

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paswyas
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Beitrag von paswyas »

Es ist doch nun mal so, dass in einem "ausgewogenen" Medienbeitrag immer mehrere Seiten und Meinungen zur Sprache kommen. Das mag man mögen oder nicht, es ist letztlich die Aufgabe der Journalistin oder des Journalisten möglichst unvoreingenommen und vielstimmig zu berichten. Da macht dieses Radio-Feature keine Ausnahme. So kommen auch Meinungen zu Wort, die uns verletzen, die auch mich beim Hören irritiert und verletzt haben. Aber das muss man aushalten. Und vielleicht das Feature als Anlass nehmen, mit Herrn Amelung auch über dieses und in Zusammenarbeit mit diesem Forum ins Gespräch zu kommen.
„Verletzlichkeit entsteht, weil du Absichten verfolgst und Bedingungen stellst. Wenn du dein Herz öffnest, bist du unbesiegbar.“

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Aiko
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Beitrag von Aiko »

Lesen und Hören war bei mir parallel.

Zu deinem letzten Absatz:
du kannst die Wut nicht verstehen? Nichtmal von denen die selber teilnahmen? Ich kritisiere niemanden der an sowas teilnehmt, gibt ja jeder am Ende nur seine Sicht der Dinge wieder. Aber gerade du Max kannst bei sowas mittlerweile mehr dazu beitragen. Du hättest viel mehr darauf eingehen können das du eigentlich stink normal bist und mehr vom sexuellen weg gehen können.
Bezogen auf deinen letzten Satz: ich nehme mir das Recht raus dieses Machwerk zu beurteilen.
Aiko
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Beitrag von Aiko »

"Da macht dieses Radio-Feature keine Ausnahme"

Nun gerade durch die Aussage des "Experten" die direkt nach Max und Anne reingeschnitten wurde verlässt die Journalisten die neutrale Berichterstattung. Das dürfen und müssen wir kritisieren.
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Mascha
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Beitrag von Mascha »

paswyas hat geschrieben: Mi 7. Mär 2018, 06:43 Es ist doch nun mal so, dass in einem "ausgewogenen" Medienbeitrag immer mehrere Seiten und Meinungen zur Sprache kommen.
Dem stimme ich absolut zu, ich finde das ist gut und sollte auch so sein.

Was mich bei dem Beitrag so wie er nun geworden ist am meisten stört, ist, dass es keinen Dialog zwischen verschiedenen Perspektiven gibt, sondern eine Einbahnstraße zugunsten derer, die ohnehin größere gesellschaftliche Macht und Einfluss haben.

Die Aussagen derer, die ursprünglich im Mittelpunkt des Beitrags stehen sollten, nämlich pädophile Menschen und ihr soziales Umfeld, werden im Nachhinein durch Personen, die in der Gesellschaft eine hohe Anerkennung als Experten genießen, kommentiert, in Frage gestellt und dem Publikum scheinbar "erklärt". Das halte ich für manipulativ. Wenn, dann hätte man beiden Seiten die Gelegenheit geben müssen, die Meinung der jeweils anderen zu kommentieren und zu bewerten.
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Mascha
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Beitrag von Mascha »

Und noch etwas zu der Art und Weise der Kommunikation gegenüber Max in dieser Sache.

Ich empfinde es als ein sehr häufiges Muster in der Gesellschaft, dass diejenigen, die für eine Sache Verantwortung übernehmen, und ihre Zeit und Lebenskraft für etwas investieren, sich angreifbar machen und häufig ist es leider so, dass sie am Ende jede Menge Kritik, Abwertung und Häme ernten.

Ich will nicht sagen, dass jemand, der sich engagiert, nicht kritisiert werden darf. Das wäre ja völlig unsinnig. Aber ich denke die Art und Weise der Formulierung ist das, worauf es hier ankommt. Kritik ist wichtig, aber sie sollte, wenn man nicht vollkommen gegensätzlicher Meinung ist, sondern grundsätzlich ein gemeinsames Ziel hat, solidarisch formuliert werden. Denn dann hat das Gegenüber die Chance, es auch zu überdenken, gegebenenfalls anzunehmen und etwas zu verändern, und läuft nicht Gefahr irgendwann keine Lust mehr zu haben und alles hinzuschmeißen.

Besonders bei dem Thema um das es hier geht, scheint mir das wichtig, denn es gibt nicht viele Menschen, die den Mut haben, die die Kompetenzen haben, die Zeit investieren wollen und können und die in einer passenden persönlichen Lebenssituation sind, um diese wichtige Arbeit mit den Medien voranzubringen.
paswyas
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Beitrag von paswyas »

Max hat geschrieben: Mi 7. Mär 2018, 01:27 Ich hab auch meine Kritikpunkte und die werde ich Philine sowie Amelung kund tun und teils oder vollständig auch hier.

Und ich muss mich gerade auch erst wieder abregen, denn diese Wut hier kann ich Null nachvollziehen und finde ich beschämend unfair. Und erschreckend kurzsichtig. Und dann schiebt mir noch jemand den Schwarzen Peter zu. Wollen nicht gerade wir, dass man uns nicht nach dem ersten Schein beurteilt? Wer sind wir, das mit anderen und deren Machwerk zu tun!!
Max, hast Du Kontakt zum Herrn Amelung? Vielleicht können wir zusammen was formulieren, um unsere Sicht mit ihm zu diskutieren.

Wenn das etwas bringt, könnte dieser Dialog auch auf Philines Blog und bei SuH als Kommentar gepostet werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Philine das verweigern würde.

Was ich absolut unsinnig finde, Max hier als Schuldigen für die Meinungen von Herrn Amelung und das Endergebnis des Beitrags hinzustellen. Er hat sich in einem Interview als Max geäußert. Ich kann nicht erkennen, was er dabei falsch, wo er sich in irgendeiner Form schuldig gemacht haben könnte. Er hat keinen Pädophilen angegriffen, keinem seine Meinung aufgezwungen, nicht für andere Pädophile gesprochen, sondern als Max hauptsächlich von seinem eigenen Empfinden erzählt. Und daran ist nichts falsch. Wenn er das so empfindet, ist das erst eimal richtig, auch wenn ich selber das anders sehe, anders bewerte und anders empfinde.

Wer offen ist, wer verstehen will, wird es verstehen, wer eine festgelegte Meinung hat, wird diese wahrscheinlich nicht ändern. Aber was er erzählt hat, hat in meinem Augen keinem Pädophilen geschadet, sondern im Gegenteil durchaus einen anderen Blick der Öffentlichkeit auf unser Anliegen ermöglicht. Was Herr Amelung dazu sagt, was als Endergebnis herausgekommen ist, konnte Max nicht beeinflussen. Konnte ich auch nicht.
Mascha hat geschrieben: Mi 7. Mär 2018, 08:14 Die Aussagen derer, die ursprünglich im Mittelpunkt des Beitrags stehen sollten, nämlich pädophile Menschen und ihr soziales Umfeld, werden im Nachhinein durch Personen, die in der Gesellschaft eine hohe Anerkennung als Experten genießen, kommentiert, in Frage gestellt und dem Publikum scheinbar "erklärt". Das halte ich für manipulativ. Wenn, dann hätte man beiden Seiten die Gelegenheit geben müssen, die Meinung der jeweils anderen zu kommentieren und zu bewerten.
Hier gebe ich Dir absolut recht. Leider wird das immer so sein, dass "Experten" mehr geglaubt wird, als den Betroffenen. Andererseits braucht es die "Experten", die gewichten und deuten, um einen Beitrag nicht einseitig wirken zu lassen. Aber es wäre wirklich schön gewesen, wenn alle Beteiligten das Script noch einmal hätten lesen können und Raum für Antworten auf die Expertenmeinung geblieben wäre.

Was ich nicht weiß, wieviel Spielraum Philine dafür hatte und welchen Einfluss der Redakteur vom DLF auf das Endergebnis hatte. Es wäre also zu kurz gedacht, allein Philine zu beschuldigen und zu diffamieren, wie es hier gemacht wurde. Auch wenn sie natürlich letztlich die Autorin ist.
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Cassini
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Beitrag von Cassini »

In dem Beitrag wird nicht, wie der Titel vermuten lässt, über Pädophile allgemein berichtet. Es wird über Pädophile berichtet die sich laut der Authorin "non-Offender" nennen. Diese Gruppe von Pädophilen steht allerdings nicht stellvertretend für "die Pädophilen" und sollte auch nicht so dargestellt werden. Für mich ist der Beitrag nur einer von sehr vielen "ich bin eine tickende Zeitbombe aber habe mich unter Kontrolle" Beiträge.
Max hat geschrieben: Mi 7. Mär 2018, 01:27 Es gibt keine „Sendegenehmigung“ oder ähnliches. Wie sollten sonst unabhängige Medien möglich sein? Dann könnte nämlich auch jeder Arsch verhindern, dass seine Arschigkeit aufgedeckt wird! In dem Moment, wo du dein Interview gegeben hast hast du eigentlich keine Macht mehr über das, was draus gemacht wird. Ein wenig kommen einige Medien entgegen und das ist gut so, dass sie Dinge absprechen etc.
Das stimmt doch so nicht. Man kann sein Interview durchaus zurückziehen und die Ausstrahlung verbieten. Unter anderen Bedingungen sollte man sich gerade als Pädos niemals unter keinen Umständen auf Jornalisten einlassen.
Der Titel ist dumm, der hätte noch geändert werden sollen. Aber letztlich ist es, wie Caspar so gerne sagt, sachlich vollkommen richtig von Kontrolle im Sinne von Selbstkontrolle zu sprechen. Ob über sexuelles Verhalten, Schließmuskeln oder Mundwerk.
Der Titel sowie der gesamte Beitrag erwecken den Eindruck, dass jeder Pädophile sich irgendwie speziell "kontrollieren" müsste. Das ist nicht der Fall. Die allermeisten Pädos müssen sich nicht mehr selbst kontrollieren wie jeder Hetero auch.
"Unter Kontrolle - Wie Heterosexuelle mit ihrer Neigung leben" würde auch als sehr seltsam angesehen werden, oder? Außer natürlich man macht einen Beitrag über die Kontrolle der Sexualität in der Gesellschaft. Das war aber offensichtlich nicht die Intention.
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KTW - Standort Berlin
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Beitrag von KTW - Standort Berlin »

Hallo an alle,

mein Name ist Jens Wagner. Ich bin Pressesprecher des Präventionsnetzwerks „Kein Täter werden“. Dieses bietet ein an allen Standorten kostenloses und durch die Schweigepflicht geschütztes Behandlungsangebot für Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und deshalb therapeutische Hilfe suchen.

Ich habe mir eben sämtliche Kommentare zu Philine Sauvageots Feature durchgelesen. Und ich muss sagen, dass ich es sehr schade finde, dass viele dieser Kommentare nicht nur einfach kritisch sind, sondern wütend austeilen und sich darauf fixieren, was das Feature angeblich nicht leistet, anstatt das zu sehen, was es vollbringt. Dabei werden sowohl Protagonisten, die an diesem Feature mitgewirkt haben, als auch meine Kollegen Christoph J. Ahlers und Till Amelung teilweise persönlich angegangen. In einer Art und Weise, die ich aus anderen Foren kenne und die ich persönlich - vorsichtig ausgedrückt - befremdlich finde.

Als ich das Stück gestern gehört habe, war ich nahezu begeistert. Nicht vom Titel „Unter Kontrolle“ - der stört mich ähnlich, wie die meisten hier. Und der könnte möglicherweise gar nicht von der Autorin selbst, sondern von der Redaktion im Deutschlandfunk kommen. Denn auf ihrer Seite fehlt er.

Ich fand und finde das Feature sehr gelungen, weil es endlich mal ein differenzierter Beitrag zum Thema Pädophilie ist, der auch Pädophile zu Wort kommen lässt, die keine Therapie im Netzwerk „Kein Täter werden“ machen und Kontakt mit Kindern haben können oder sogar mir ihnen arbeiten. Und sogar eine Mutter, die über ihre Erfahrungen spricht. Das alles ohne zu bewerten. Dieses Bild kam in den Medien bislang schlicht und ergreifend kaum vor, obwohl auch wir in der Medienarbeit immer wieder darauf hinweisen, dass das möglich ist und existiert. Das Feature gibt diesen Pädophilen Raum, hört ihnen zu und schafft beim Hörer Empathie. Es zeigt nicht nur – wie leider meistens in der Medienberichterstattung – Pädophile, die Kinder missbraucht haben und/oder Hilfe bei uns im Netzwerk gesucht haben. Sondern es lässt endlich auch mal den Blickwinkel auf diejenigen zu, die andere Wege gewählt haben, mit ihrer Pädophilie zu leben.

Und auch Till Amelung und Christoph Ahlers liefern ein differenziertes Bild ab. Immer vor dem Hintergrund gesehen, dass die beiden ausschließlich mit Menschen arbeiten, die die diagnostischen Kriterien einer Pädophilie als krankheitswertige Störung erfüllen. Also entweder darunter leiden und/oder befürchten Übergriffe zu begehen oder Missbrauchsabbildungen zu nutzen oder dies bereits getan haben. Letzteres trifft immerhin auf rund 85 Prozent der Menschen zu, die zu uns an den Berliner Standort des Netzwerks kommen und Hilfe suchen.

Für mein Empfinden zeigen insbesondere die Aussagen von Christoph J. Ahlers viel Empathie für die Menschen mit denen er arbeitet. Christoph Ahlers klärt an einer Stelle konkret darüber auf, dass Pädophile in erster Linie Kontakt zu Kindern suchen, weil sie sich damit wohl fühlen und nicht, um Übergriffe zu begehen.
Und es wird, übrigens durch den hier heftig angegangenen Till Amelung, endlich einmal benannt, dass die Pädophilie laut internationalen Diagnosestandards nur dann eine krankheitswertige Störung ist, wenn sie mit Fremdgefährdung und/oder Leidensdruck einhergeht. Till Amelung bringt auch auf den Punkt, dass all diejenigen, auf die diese beiden Faktoren nicht zutreffen, pädophil sind, ohne dass ihre Neigung jeglichen Störungscharakter hat. Kam zuvor medial nicht vor. Sehe ich als großen Erfolg.

Dass Till Amelung von „Nicht-Übergriffstätern“ spricht, ist aus dem Zusammenhang gerissen und liegt daran, dass in den MRT-Studien Unterschiede zwischen Tätern und Nichttätern erforscht werden. In der Studie wird zudem zwischen Übergriffstätern und nicht Übergriffstätern unterschieden – diese Unterscheidung zielt darauf ab, dass in der letzteren Gruppe Nutzer von Missbrauchsabbildungen enthalten sind. Durch die unter anderem gezeigt werden konnte, dass die Pädophilie alleine nicht ausschlaggebend für übergriffiges Verhalten ist. Sondern, dass dabei immer noch andere Faktoren ins Spiel kommen müssen. Was im Feature auch benannt wird. Auch sehr wichtig. Denn aus meiner täglichen Arbeit kann ich berichten, dass sowohl die meisten Menschen generell, als auch sehr viele Journalist*innen nicht einmal wissen, dass Pädophilie und sexueller Kindesmissbrauch nicht das gleiche sind. Darüber hinaus verweise ich darauf, dass Statements von Protagonisten in solchen Berichten immer geschnitten werden und nicht das ganze Interview am Stück gesendet wird. Auch das wirkt sich in vielerlei Hinsicht aus, wie man ja an einigen Kommentaren ablesen kann.

Bei aller verständlichen Kritik, die hier geäußert wird und über die man sich gerne austauschen kann, gebe ich zu bedenken, dass Pädophile eine ebenso heterogene Gruppe wie Heterosexuelle oder Homosexuelle sind. Bei uns im Netzwerk „Kein Täter werden“ sehen wir eben insbesondere diejenigen, die wegen Leidensdruck und/oder Fremdgefährdung kommen und für die beispielsweise häufig auch der berufliche Kontakt mit Kindern problematisch sein kann. Wenn jemand in der Therapie glaubhaft erzählt, dass ihm und den Kindern die gemeinsame Arbeit guttut, würden wir ihm nicht davon abraten. So, wie wir im Übrigen niemanden zu etwas drängen. Wir problematisieren lediglich, wenn es Hinweise auf Gefährdungsmomente gibt und/oder wenn der Teilnehmer das wünscht.

Warum die Ampel hier ins Spiel gebracht wird, ist übrigens auch mir ein Rätsel.

Alles in allem ist das in meiner Wahrnehmung ein Bericht, der dazu beiträgt, in der Öffentlichkeit für mehr Akzeptanz zu sorgen. Und das leisten nicht viele Berichte.

Um die Klammer zu schließen: Ich finde den Ton vieler Kommentare befremdlich und bevorzuge die direkte, konstruktive und dabei gerne kritische Auseinandersetzung. Jeder derjenigen, der hier kommentiert und bereits in Kontakt mit mir war, kann sicherlich bestätigen, dass ich mir die Zeit dafür nehme. Ich telefoniere, schreibe Mails, fahre in meiner Freizeit zu AGPD-Treffen und ähnlichen Veranstaltungen, treffe mich mit Menschen hier im Büro, um den mir/uns wichtigen Dialog mit Menschen zu führen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen. Und das bei weitem nicht nur, weil ich darüber hoffe, Teilnehmer für unser Therapieangebot zu erreichen. Sondern, weil mir/uns der Dialog im Rahmen unserer Möglichkeiten wichtig ist.

Was ich dann in den Foren und insbesondere auch in diesem Thread sehe, ist, dass anstatt in einen solchen Dialog zu treten, insbesondere gewagte Interpretationen zum Feature, Vorurteile, Mutmaßungen und Anfeindungen gepostet werden. Und dabei passiert genau das, was uns in diesen Foren und an anderer Stelle immer wieder vorgeworfen wird. Menschen zu beurteilen, ohne mit ihnen in den Diskurs zu treten. Ich habe eine einzige direkte Mail zu dem Feature erhalten. Mit dem Absender telefoniere ich am Freitag.

Beste Grüße
Jens Wagner
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KTW - Standort Berlin
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Beitrag von KTW - Standort Berlin »

Und hier noch eine von mir etwas gekürzte Antwort, die Herr Amelung soeben an jemanden geschickt hat, der sich gestern über mich über seine Darstellungen beschwert hatte:

Zur Aussage "Ich würde auch gerne wissen wollen, wenn es mein Patient wäre[…]“: Diese Aussage tätige ich explizit *nicht* in Bezug auf pädophile Männer an sich, sondern lediglich in Bezug auf Männer, die „mein[e] Patient[en]“ sind. Einige Minuten vorher bin ich im Beitrag von Frau Sauvageot mit der Aussage zu hören, dass „Jemand, der eine Pädophilie hat ohne pädophile Störung, […] dann auch nicht therapiebedürftig [wäre].“ Pädophile, Männer oder Frauen, für die keine Gefahr eines sexuellen Übergriffs besteht, die unter der Neigung nicht leiden und die deswegen keinerlei soziale Probleme haben, können keine „pädophile Störung“ diagnostiziert bekommen. Damit sind diese auch in keinem Fall meine Patienten. Vor diesen muss auch keine Mutter ihre Kinder schützen. Kinder liebevoll durch ihre Kindheit zu begleiten ist sicherlich nicht verwerflich – unbesehen der sexuellen Vorlieben des Begleitenden.

"Aber rein von der Intuition her wirkt das sehr wahrscheinlich, dass es ein gewisses Grundrisiko gibt: Wenn mich etwas anspricht sexuell, dass ich auch irgendwann entsprechend mich sexuell verhalte." Ich denke, dieser Satz stimmt für jegliche sexuelle Ausrichtung oder Neigung. Leider ist in dem Radio-Feature von Frau Sauvageot der erste Teil meiner Aussage nicht von mir gesprochen wiedergegeben sondern von der Sprecherin. Frau Sauvageot fragte mich in dem Interview, das zu diesem Beitrag geführt wurde, ob es denn stimme, dass Pädophile Männer ein höheres Risiko als andere Männer haben, sexuellen Kindesmissbrauch zu begehen. Hierauf habe ich ihr sinngemäß zu vermitteln versucht, dass es keinerlei empirische Beweise für diese Annahme gibt. Im Beitrag macht Frau Sauvageot aus dem ersten Teil der Aussage das Statement „keine Untersuchung zeigt, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Pädophiler in seinem Leben tatsächlich einen sexuellen Übergriff begeht.“

„Apropos Ampel-Modell“ – In meiner Therapie verwende ich das Modell so gut wie nie. Einige meiner Patienten kannten das Modell bereits bevor ich sie hier kennenlernte und fanden es für ihren eigenen Alltag hilfreich. Wenn meine Patienten das so empfinden, widerspreche ich dem nicht.

"Diese pädophilen Nicht-Übergriffstäter" – Ich bin mit diesem Wortmonster auch nur mäßig zufrieden. Ich finde es im Zusammenhang mit Pädophilie außerordentlich schwierig, gut verständliche und gleichzeitig präzise Begriffe zu finden. Das Statement auf Seite 14 ist meine Antwort auf eine Frage von Frau Sauvageot, welche Ergebnisse unsere Studie NeMUP zutage gefördert hat. In dieser Studie fanden wir, dass pädophile Männer, die keine sexuellen Übergriffe begangen haben, wohl aber zum Teil Bildmaterial mit sexuellen Übergriffen gegen Kinder zur Selbstbefriedigung nutzten, eine höhere Impulskontrollfähigkeit gegenüber pädophilen Übergriffstätern aufweisen. In diesem Kontext erschien mir das gewählte Begriffskonstrukt als das treffendste. Die so bezeichnete Gruppe enthielt eben doch auch Täter der Nutzung von sexuellen Missbrauchsabbildungen von Kindern. Diese als Nicht-Täter zu bezeichnen wäre wissenschaftlich nicht korrekt gewesen. In der Verkürzung im Beitrag kommt diese Differenzierung allerdings nicht mehr zum Tragen.

Ich sehe mich ganz auf Ihrer Seite, wenn es darum geht, dass Pädophilie als sexuelle Neigung eine Entpathologisierung braucht. Ich baue in diesem Prozess auch auf den Austausch mit Pädophilen.

Mit freundlichen Grüßen

Till Amelung
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Frank Denker
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Beitrag von Frank Denker »

Edit: Geschrieben und abgeschickt vor der Sperre, die auch nur vorübergehend sein wird!
Edit 2: Danke für die beiden Posts von KTW-Standort Berlin!

Um nicht alles noch einmal zu schreiben, zitiere ich die Aussagen, mit denen ich voll übereinstimme:
Aiko hat geschrieben: Mi 7. Mär 2018, 07:53 ... die Aussage des "Experten" ... direkt nach Max und Anne reingeschnitten ...
Mascha hat geschrieben: Mi 7. Mär 2018, 08:14 Die Aussagen ... pädophile(r) Menschen... werden im Nachhinein ... kommentiert, in Frage gestellt und dem Publikum scheinbar "erklärt". Das halte ich für manipulativ. ...
Deshalb ja auch schon zuvor meine Frage:
Frank Denker hat geschrieben: Di 6. Mär 2018, 10:08 Hat sie (die Autorin) "übersehen", dass es vor allem dann nicht klappt, wenn die Aussagen der "Fachleute" die Selbstdarstellungen der anderen Protagonisten als "falsche Eigenwahrnehmung" hinstellen und somit die Vorurteile der Gesellschaft nur noch verstärken?
Ist es Absicht? :o
:evil:

Dieses hier muss ich aber noch einmal bekräftigen:
Mascha hat geschrieben: Mi 7. Mär 2018, 08:21 Ich empfinde es als ein sehr häufiges Muster in der Gesellschaft, dass diejenigen, die für eine Sache Verantwortung übernehmen, und ihre Zeit und Lebenskraft für etwas investieren, sich angreifbar machen und häufig ist es leider so, dass sie am Ende jede Menge Kritik, Abwertung und Häme ernten.
Es ist leichter, etwas zu kritisieren, als selbst die Initiative mit allen möglichen Konsequenzen zu ergreifen. Das "durfte" ich ja selbst schon erleben...

Leider ist es eben nicht so einfach, wie Du schreibst:
Cassini hat geschrieben: Mi 7. Mär 2018, 12:04 ... Man kann sein Interview durchaus zurückziehen und die Ausstrahlung verbieten. Unter anderen Bedingungen sollte man sich gerade als Pädos niemals unter keinen Umständen auf Jornalisten einlassen.
Selbst dann, wenn Dir als Protagonist ein Veto- Recht eingeräumt wird, bist Du nicht davor geschützt, dass Deine Aussagen in einem Kontext widergegeben werden, welchen Du so(!) nie darstellen wolltest.
Doch versuche dann einmal, dieses Publizierungsverbot durchzusetzen! ;)
Gerichtlich? Wenn Du anonym bleiben willst? :o :lol:

Der einzig wirksame Schutz gegen eine in den eigenen Augen falsche Widergabe Deiner Worte ist, GAR NICHTS zu sagen - vor allem nicht gegenüber Jounalisten.
Doch wie sollen dann die Leute da draußen erfahren, dass es Pädos gibt, die (inzwischen oder überhaupt) mit ihrer Neigung zufrieden leben und selbst unter den derzeitigen Moralvorstellungen durchaus die volle gesellschaftliche Anerkennung als pädophil empfindende Menschen verdienen?!?
(Und das nicht deshalb, weil sie sich "ach so gut im Griff haben", sondern weil sie so leben, wie sie es tun:
Wie jeder andere auch!

Gruß
Frank Denker
Disclaimer:
Was ich hier im Forum schreibe, verstehe ich maximal als Denkanstoß und Angebot zur Selbsthilfe! Vielleicht passt es für Dich und hilft Dir? Vielleicht aber auch nicht?
Ich möchte Dir jedoch keinesfalls "zu nahe" treten. Falls Du es aber so empfindest, dann schreibe es mir! Vielleicht habe ich nicht alle Informationen, um Deine Situation zu verstehen?
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