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NewMan
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Beitrag von NewMan »

Sirius hat geschrieben: Mi 12. Jul 2017, 11:32
Caspar Ibichei hat geschrieben: Di 11. Jul 2017, 21:18 Soviel ich weiß, ist der Besitz von Nudistenmagazinen und -Videos immer noch straffrei.
Wie das jetzt nach Edathy genau aussieht, weiß ich allerdings nicht.
Das dürfte soweit ich weiß immer noch der Fall sein. Strafbar sind die nur, wenn sie ein Kind unnatürlich geschlechtsbetont zeigen oder käuflich bzw. als Teil eines Tauschgeschäftes erworben wurden.
Hi, ihr zwei,
soweit ich weiß, ist durch den Fall Edathy bekannt geworden, dass der Konsum von FKK-Inhalten, obwohl legal, schon seit längerem von Polizei und Justiz als "Anfangsverdacht" auf kriminelle Handlungen genutzt (oder sollte man besser sagen missbraucht?) wird und werden darf!!
Genau so ist es wohl bei Edathy gelaufen. :twisted:
Die Verurteilung erfolgte wohl nur aufgrund irgendwelcher Dateien, die als Jugendpornographie ausgelegt werden konnten.
Eine Verurteilung wegen der Bilder, mit denen das alles begann, erfolgte meines Wissens nach nicht. Das lässt tief blicken, finde ich.
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Fetzer
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Beitrag von Fetzer »

Der Fall war eine Politwelle und hat vergleichsweise nichts mit den Tatsachen am Hut von denen unsereins gegängelt wird. Es sei den, das GSA besteht vorzüglich aus anonymster Prominenz. Was ich mir bisher noch nicht auszumalen wagte.
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Mascha
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Beitrag von Mascha »

Den "Fall Edathy" sehen nicht wenige Jurist_innen als höchst problematisch an, weil "gerade noch legales Handeln" als Begründung für Ermittlungsmaßnahmen hergenommen wurde.
Dies ist quasi "Premiere" und es stellt sich die Frage ob es auch auf andere Themen wie z.B. Nutzung von Drogen in Zukunft angewendet werden wird... so dass z.B. starkes Rauchen als Verdachtsmoment für Cannabiskonsum und hinreichenden Grund für entsprechende Ermittlungstätigkeiten gewertet werden könnte.
paswyas
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Beitrag von paswyas »

Naja, mit irgendwas muss man die Algorithmen füttern, die als Rasterfahndung euphemisiert, potentielle Verbrechen schon aufklären sollen, noch bevor das Verbrechen passiert ist. Da gibt es dann eben gewisse Marker, die für ein Scoring genutzt werden können. Wenn dann die Gesichtserkennung schon auf die bevorzugte Sexualität schließen lässt, reicht ein Foto auf Instagram + das dazugehörige Profil, welche Bilder (Kinder!!!) man sich so angeschaut hat, um einen Anfangsverdacht inkl. hausdurchsuchung zu rechtfertigen. Alles im Namen der Sicherheit. Alles gut und richtig also.
„Verletzlichkeit entsteht, weil du Absichten verfolgst und Bedingungen stellst. Wenn du dein Herz öffnest, bist du unbesiegbar.“

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Sirius
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Beitrag von Sirius »

NewMan hat geschrieben: Mo 18. Sep 2017, 21:48 Hi, ihr zwei,
soweit ich weiß, ist durch den Fall Edathy bekannt geworden, dass der Konsum von FKK-Inhalten, obwohl legal, schon seit längerem von Polizei und Justiz als "Anfangsverdacht" auf kriminelle Handlungen genutzt (oder sollte man besser sagen missbraucht?) wird und werden darf!!
Genau so ist es wohl bei Edathy gelaufen. :twisted:
Die Verurteilung erfolgte wohl nur aufgrund irgendwelcher Dateien, die als Jugendpornographie ausgelegt werden konnten.
Eine Verurteilung wegen der Bilder, mit denen das alles begann, erfolgte meines Wissens nach nicht. Das lässt tief blicken, finde ich.
Hallo NewMan,

das ist ein guter und wichtiger Punkt, den du da noch erwähnst. Nur weil etwas legal ist heißt das leider noch lange nicht, dass man dafür im Zweifelsfall keine negativen Konsequenzen tragen wird. Und jeder, der sich entscheidet legale FKK-Bilder zu nutzen sollte sich bewusst darüber sein, dass dies durchaus genutzt werden kann um einen Anfangsverdacht zu begründen und Ermittlungen zu starten.

Ich fand den Fall Edathy damals auch sehr frustrierend, da in der öffentlichen Debatte sich hinterher nur darüber empört wurde, dass er ja zu leicht davongekommen sei aber der von dir erwähnte Punkt eigentlich nirgendwo wirklich diskutiert wurde.

Dabei ist das gerade bei diesen heiklen Thema ein Riesenproblem. Unabhängig davon, ob man sich tatsächlich straffällig verhalten hat kann eine Hausdurchsuchung wegen KiPo fatal für einen sein, wenn z.B. die Nachbarn davon mitbekommen oder man seinem Chef erklären muss, wo der Arbeitslaptop mit den wichtigen Kundendaten plötzlich hin ist. Edathys politische Karriere wäre beispielsweise wohl auch dann zerstört worden, wenn er hinterher vollständig freigesprochen worden wäre. Alleine die Folgen der Ermittlungen können also wesentlich dramatischer sein als alle eventuelle Strafen, zu denen man hinterher womöglich verurteilt wird.

Vielleicht ist es wirklich so, dass bei Leuten, die sich legale Kinderfotos ansehen überdurchschnittlich häufig auch illegales Material gefunden wird. Aber liegt das unter Umständen nicht auch gerade daran, dass einem schon legale Bilder in Verdacht bringen können, mit all den damit verbundenen unangenehmen Seiteneffekten? Wenn einen schon legale Fotos in Gefahr bringen könnten, dann kann man schließlich auch direkt das illegale Material auch mitnehmen -- an dem Risiko oder den möglichen Folgen ändert sich ja dann signifikant auch nichts mehr, und in beiden Fällen würde man vom System wie ein Verbrecher behandelt werden. Welchen Anreiz bietet das also, sich alleine auf der Seite der Legalität zu bewegen?

paswyas hat geschrieben: Di 19. Sep 2017, 08:08 Wenn dann die Gesichtserkennung schon auf die bevorzugte Sexualität schließen lässt, reicht ein Foto auf Instagram + das dazugehörige Profil, welche Bilder (Kinder!!!) man sich so angeschaut hat, um einen Anfangsverdacht inkl. hausdurchsuchung zu rechtfertigen.
Ich habe letztens eine Firma gefunden, die anhand von Gesichtsbildern einer Person ein komplettes Persönlichkeitsprofil erstellen will und die Person dann in eine Kategorie einteilt. Die Firma heißt Faception. Die haben übrigens auch eine Persönlichkeitskategorie für Pädophile. Bei der Beschreibung weiß ich nicht so recht, ob ich lachen oder weinen soll:
Pedophile

Suffers from a high level of anxiety and depression. Introverted, lacks emotion, calculated, tends to pessimism, with low self-esteem, low self image and mood swings.
Ich persönlich halte das für ganz gefährlichen Humbug.
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Beitrag von paswyas »

Sirius hat geschrieben: Di 19. Sep 2017, 10:52 Ich persönlich halte das für ganz gefährlichen Humbug.
Absolut. Mit Betonung auf gefährlich. Dieser Schwachsinn in den falschen Händen (von Duterte über Erdogan bis Höcke) und die Hexenjagd kann beginnen. Bis zur Umkehrung der Beweislast ist es dann nur noch ein sehr kleiner Schritt. Wie beweist man, dass man nicht pädophil ist?
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Mascha
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Beitrag von Mascha »

Sirius hat geschrieben: Di 19. Sep 2017, 10:52 Ich fand den Fall Edathy damals auch sehr frustrierend, da in der öffentlichen Debatte sich hinterher nur darüber empört wurde, dass er ja zu leicht davongekommen sei aber der von dir erwähnte Punkt eigentlich nirgendwo wirklich diskutiert wurde.
Hey Sirius,
das stimmt nicht. Zum Glück. Also dass Du und viele andere - auch ich - frustriert waren stimmt sicher... aber dass das Thema "Anfangsverdacht aufgrund von straflosem Verhalten" nicht diskutiert worden wäre, das ist nicht korrekt. Ich denke nur, dass alles andere überwog und die kritischen Stimmen kamen mit einer zeitlichen Verzögerung, als sich die Meinungen schon gebildet hatten und viele gar keine weiteren Infos zu der Sache aufnehmen wollten. Die Kritik ging quasi im Rauschen der Medien einfach unter.
Ich erinnere mich aber z.B. an einen guten Artikel von Heribert Prantl in der Süddeutschen... der steht im Netz, man findet ihn, er heißt "Strafrecht ist kein Moralrecht" und erschien im Februar 2014.

Auf Wikipedia gibt es unter "Edathy Affäre" immerhin auch einen Punkt zu diesem problematischen Hintergrund des "Falls Edathy" ... man muss aber eine Weile scrollen, was wohl nur wenige tun.
Ganz unten findet sich da außerdem auch, dass Edathy jemanden verklagt hat, der ihn bei facebook verunglimpft hat und dieser musste dann 6000 Euro Strafe zahlen. Vielleicht auch ein Ansatz gegen die pedo-busters, wenn man sie dabei erwischt, jemanden persönlich anzugreifen 8-)
Ich denke dieser offensive Ansatz, gegen Diskriminierung und hate-speech rechtlich vorzugehen, ist auf jeden Fall wichtig für gesellschaftliche Veränderungen und zum Glück haben wir da in Deutschland ja Möglichkeiten.

Außerdem wird das Thema "Anfangsverdacht aufgrund straflosen Verhaltens" spätestens seit Edathy innerhalb der Juristerei viel diskutiert und ist nicht selten Inhalt von Prüfungen, hier z.B. ein Zitat von der Seite www.juraexamen.info

"Hieran schließt sich die Frage an, ob ein Anfangsverdacht auch auf strafloses Verhalten gestützt, von einem legalen Verhalten also auf ein illegales Verhalten geschlossen werden darf.
Wegen der Folgen, die sich für Betroffene allein aus einem bestimmten Tatverdacht, unabhängig davon, ob sich dieser später bewahrheitet, ergeben können, ist die Beantwortung dieser Frage für den Betroffenen von erheblicher Bedeutung."

Es sieht also nicht gaaaaaaanz so schlecht aus. Und eine Gesichtserkennung, die in 80 oder 90% der Fälle richtig liegt schafft halt juristisch keinen Beweis. Zumindest nicht in einem Rechtsstaat.
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Beitrag von Aiko »

Mascha.
"Vielleicht ist es wirklich so, dass bei Leuten, die sich legale Kinderfotos ansehen überdurchschnittlich häufig auch illegales Material gefunden wird"

Die Logik ist andersrum. Bei denen wo man illegales fand, fand man auch legales.

Es ist ein Unding das legales Verhalten so umgemünzt wird.
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Mascha
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Beitrag von Mascha »

Aiko hat geschrieben: Di 19. Sep 2017, 12:11 Es ist ein Unding das legales Verhalten so umgemünzt wird.
Äh, ja, das schrieb ich ja, bzw. deshalb schrieb ich ;)
Sirius
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Beitrag von Sirius »

Mascha hat geschrieben: Di 19. Sep 2017, 11:31Ich denke nur, dass alles andere überwog und die kritischen Stimmen kamen mit einer zeitlichen Verzögerung, als sich die Meinungen schon gebildet hatten und viele gar keine weiteren Infos zu der Sache aufnehmen wollten. Die Kritik ging quasi im Rauschen der Medien einfach unter.
Den Eindruck hatte ich auch. Also dass die öffentliche Debatte eher davon dominiert war, welche härteren Strafen Edathy eigentlich verdient hätte. Die meisten schienen meiner Wahrnehmung nach die folgende Folgerungskette kritiklos angenommen zu haben:
"Hat Nacktbilder von Kindern bestellt => Ist pädophil => Besitzt auch Kinderpornographie => Rechtfertigt Ermittlungen"

Es ist schön zu sehen, dass der Fall doch auch Diskussionen über das allgemeine Vorgehen ausgelöst hat. Ich fürchte aber, dass die Diskussionen eher unter einem kleinen, abgeschotteten Publikum stattfindet und die breite und vielleicht eher emotional gesteuerte Masse davon weniger mitbekommt. Im Prinzip sieht man das ja auch an den juristischen Folgerungen aus dem Fall Edathy: mir wäre z.B. nicht bekannt, dass sich wirklich neue Regelungen bzgl. Ermittlungen ohne wirklichen Anfangsverdacht durchgesetzt haben, während die KiPo-Gesetze schon verschärft wurden bevor Edathy überhaupt verurteilt wurde.
Mascha hat geschrieben: Di 19. Sep 2017, 11:31 Es sieht also nicht gaaaaaaanz so schlecht aus. Und eine Gesichtserkennung, die in 80 oder 90% der Fälle richtig liegt schafft halt juristisch keinen Beweis. Zumindest nicht in einem Rechtsstaat.
Nun ja.... Es gibt schon Fälle, in denen ähnliche Technologien benutzt wurden um z.B. das Rückfallrisiko eines Gewaltverbrechers einzuschätzen und daran sein Urteil festzusetzen. Genauso wäre es z.B. vorstellbar, dass sich Firmen diese Software bestellen und damit über die Anstellung eines Bewerbers entscheiden.
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