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Naches
Administrator Emeritus (Inaktiv)
Beiträge: 1591
Registriert: Mo 6. Feb 2017, 19:11

Beitrag von Naches »

MKay hat geschrieben: Di 23. Jan 2018, 15:51 Natürlich würde dieselbe Geschichte mit ganz unterschiedlichen Familien-Konstellationen funktionieren, aber soll ich aus Angst, das Thema der Pädophilie zu berühren, mich deswegen dem Thema entziehen? Oder liegt nicht gerade darin eine Kraft, da es für viele Menschen (leider noch) unverständlich ist? Wäre dein Rat tatsächlich, ich solle der Thematik komplett ausweichen? Es gibt doch schon genug Geschichten über alltägliche Liebe, sollte es nicht mehr Geschichten geben, zur Liebe zwischen Erwachsenen und Kind? Vielleicht ist diese Liebe des Mannes nur auf dieses spezifische Kind gerichtet? (bedeutet, vielleicht ist er gar nicht per definition pädophil, aber muss sich teilweise mit ähnlichen Problemen auseinandersetzen)
Nicht aus Angst das Thema zu berühren, sondern aus der Frage was du beim Zuschauer überhaupt hervorrufen möchtest.

Du möchtest eine Geschichte erzählen, die von der Einsamkeit des Protagonisten handelt. Dieser findet sich selber in der Einsamkeit und Bewunderung des Nachbarns. Die Lebendigkeit des Kindes macht ihn glücklich und er tut was?
  • Beobachtet das Kind heimlich und macht Aufnahmen davon? Da stellt sich der Zuschauer doch gleich die Frage zu welchem Zweck er das macht. Befriedigt er sich auf das was er sieht, verkauft er diese Aufnahmen oder stellt sie in zweifelhaften Foren zur Verfügung?
  • Beobachtet er sie heimlich und überlegt wie er in Kontakt kommen könnte. Macht er dann auch Pläne? Versucht er seine Einsamkeit aufzubrechen? Ja: Wozu will er mit einem 12 Jährigen zusammen sein? Nein: Warum nicht? Wenn er es doch will schein ihn da doch irgendetwas (krankhaft) dran zu hindern.
    Egal wie das ganze aufgebaut wird, der Mensch (Pädophiler) wird als komischer Mensch gesehen, Krank vll oder schlimmeres.
  • Er beobachtet in die private Umgebung der Nachbarn hinein. Und das anscheinend ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es ihn ja eigentlich gar nichts angeht was die Nachbarn so treiben. Er scheint also keine soziale Normen gelernt zu haben. Das ist doch dann wieder total typisches Pädobild, oder nicht?
Ich weiß echt nicht wie du die Geschichte aufbauen willst, ohne den Protagonisten in ein schlechtes Licht zu rücken. Eine Person die irgendwie komisch ist, sich nicht an soziale Normen hält, oder sonstwie Krank rüberkommt.

Klar möchte ich mehr Filme über die Liebe von Kindern zu Erwachsenen und von Erwachsenen zu Kindern. Ehrliche Liebe. Aber kein Film, in denen ein möglicherweise pädopiler Mensch irgendwie komisch rüberkommt, als hätte er die Welt nicht verstanden.
Aber genau das sehe ich momentan in deinem Filmvorhaben. Und da bringt es einfach keinen Mehrwert aus Sicht der Stigmabekämpfung den Protagonisten Pädophil zu machen.

Deswegen frage ich dich vll nochmal etwas direkter: Was ist deine Motivation, dass dieser Mensch Pädophil ist?
naches@vfemail.net || Was war jetzt noch gleich so schlimm daran jemanden zu lieben?
tox: 03D3DBE2E0883E4304B4E1DD8DB7379E2A7947AC045002828EE77887F28E6F513EAACFA0A808
MKay

Beitrag von MKay »

Ich verstehe was du meinst Naches.

Es besteht folgende Gefahr: Der Zuschauer sieht Dinge, die er als deviant (von der Norm abweichend) einstuft. Voreilig zieht er den Schluss, dass dieses Verhalten der Pädophilie geschuldet ist. Dies würde in diesem Falle die Stigmatisierung nur bestärken. Nun besteht aber das Potenzial, genau mit diesen Erwartungen zu spielen und sie auch zu brechen. Ich habe in diesem Forum bewusst geschrieben: "die Liebe zwischen einem Mann und einem Kind." Doch was ist, wenn sich diese Liebe, nicht durch eine verankerte sexuelle Präferenz ergeben hat, sondern nur durch die begünstigte Lage der beiden Häuser. Dieser Mann, einsam und alleine, sucht sich Nähe überall, und sie tut ihm auch in verschiedener Form gut. Also auch Aufenthalte in Menschenmassen (als triviales Beispiel). Vielleicht ertappt sich der Zuschauer beim (leider so oft vorschnellen) Gedanken: "Ein Mann beobachtet eine Kind, alles klar, das muss ein Pädophiler sein, und vielleicht noch gewalttätig." Um ihn dann gegen Ende eines besseren zu belehren. Dass der Versuch der Zuschauer, immer alles kategorisieren und erklären zu können nach hinten los ging.

Denn wie ich dir bereits gesagt habe: meine Motivation ist es nicht, die Pädophilie als Solche zu zeigen. Aber einen Film zu machen, bei dem sich der Zuschauer ertappt fühlt, den Protagonisten in die verschiedenen Schubladen (auch Pädophilie) zu packen, um am Ende zu begreifen, dass ihm das gar nicht zusteht. Und trotzdem beschäftigt man sich danach genau mit denen Themen, die man vorschnell als Ausrede missbraucht hat. Ich weiss, das klingt sehr konzeptuell, aber mit verschiedenen filmischen Mitteln, kann man genau solche AHA-Momente evozieren.
Rubricappula
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Beitrag von Rubricappula »

@MKay
Ich möchte dazu gerne sagen, dass jemand der Interesse an einem oder einer 12 Jährigen hat, nicht zwingend pädophil sein muss. Die gesetzliche Legalität ist etwas anderes als eine pädophile Neigung und mit 12 ist man in vielen Fällen bereits in der Pubertät und auch geistig ganz anders entwickelt als z.B ein/e 7 Jährig/r. Bei vielen geht das Interesse eher "bis" 12 oder knapp darüber, meistens liegt es aber doch weit darunter.
...Es scheint mir, daß ein Mensch, bei dem allerbesten Willen, unsäglich viel Unheil anstiften kann, wenn er unbescheiden genug ist, denen nützen zu wollen, deren Geist und Wille ihm verborgen ist...
-Friedrich Nietzsche
Hermann-AGPD
Inaktiv
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Beitrag von Hermann-AGPD »

Hallo MKay,
MKay hat geschrieben: Di 23. Jan 2018, 12:05 Da ich mich noch am Anfang meines Schreibprozesses befinde, kann ich dir noch nicht beantworten, wie der Versuch dieser unerträglichen Einsamkeit zu entrinnen, aussehen wird.
Dir geht es also um das Thema Einsamkeit?
Und Du konstruierst schon sehr konkret eine Situation, in der die Handlung stattfinden soll, bist aber noch am Anfang des Schreibens und weißt nicht, wie es weitergehen soll?

Das klingt mir, mit Verlaub, etwas unglaubwürdig. So schreibt man weder eine Erzählung noch ein Drehbuch. Am Anfang steht doch die Idee, was man sagen möchte, evtl. auch schon die Mittel dazu, aber ein Plot, der sich so auf ein paar Einzelheiten stürzt, die schon feststehen, ohne einen übergreifenden Handlungsbogen und ohne zu wissen, was überhaupt geschehen soll, klingt eher nach einem privaten Problem von Dir und nicht nach einem künstlerischen Projekt.

Hermann (AGPD)
www.agpd.net
Vor Schelmen, die den Mantel der Gerechtigkeit tragen, vor denen kann kein Mensch sich schützen. Die sind ärger als die schlimmsten Verbrecher und verdienen doppelte Bestrafung.
Friedrich der Große
MKay

Beitrag von MKay »

@Hermann-AGPD

Hallo Hermann

Der Plot, bzw. der Handlungsablauf der Geschichte, wird zwar in meiner Synopsis (tatsächlich ist es mehr Log-Line als Synopsis) umrahmt, aber ist deswegen noch lang nicht in Stein gemeisselt. Ich selbst habe bereits Drehbücher geschrieben, wie auch Lektoriert, bei denen die Synopsis als Substitution für das jeweilige Thema, die Ausgangslage, und für das Anliegen stand. Drehbücher werden in der Regel über mehrere Jahre entwickelt, eine Synopsis wird bereits in den ersten Monaten definiert, auch um die Grundidee nicht aus den Augen zu verlieren. Danach folgt Treatment und Drehbuch.
Diese konkrete Situation, wie du sie nennst, ist tatsächlich der Grundpfeiler, da es die visuelle Übersetzung der Thematik ist. Und die visuelle Übersetzung einer Geschichte in Bilder, dies ist der Film.

Tatsächlich schreibt man oft genauso eine Erzählung und/oder ein Drehbuch: Durch konkrete Situationen, die man später als Szenen beziffert. Es entsteht eine Ansammlung an Szenen, die im Treatment in eine Reihenfolge gebracht werden. Durch mehrere Rewrites verfeinert man dann jeweiliges Treatment, bevor man ins Drehbuch geht, und sich an den Dialogen zu schaffen macht. Und dies ist ein sehr klassischer Ansatz.
Als ehrlicher Autor geht man davon aus, dass die Idee, wie du sie nennst, jeder Szene immanent ist.

Deine Diagnose ist zwar nicht ganz treffend, aber lass es mich folgendermassen formulieren:
Der Stoff beschäftigt mich definitiv, ist mein künstlerisches Projekt, und ja dadurch vielleicht auch mein Problem.

Falls du vom Fach bist, können wir in einem anderen Forum auch gerne eine Debatte über das Drehbuchschreiben starten :)
Fetzer
Inaktiv
Beiträge: 584
Registriert: Sa 22. Apr 2017, 11:49

Beitrag von Fetzer »

Filmproduktionen sind unlukrativ geworden. Vielleicht gibt’s sogar schon anderssprachig ein ähnlichen Film. Und dann stehen wir ja auch noch mitten im Internetzeitalter, am Anfang. Wir machen selbst lebenswirkliche Regie ohne Belichtung oder Ablichtung. Viel authentischer als Konsumenten gerechte Produktion.
Übrigens, es ist in der Tat so, dass auf familiärer Ebene mit dieser sonst so in Frage gestellter Konstellation wesentlich lockerer mit umgegangen wird solange Pädophilie dabei Abseits bleibt, als wenn sich organisiertes oder institutionelles Handwerk daran zu schaffen macht. Entweder wird von letztere übertrieben, falsch interpretiert oder Kritik angeheizt.
Und
Filme müssen Einschnitte in Kauf nehmen was bei Büchern nicht so der Fall ist.
Sirius
Administrator Emeritus (Inaktiv)
Beiträge: 2355
Registriert: Di 7. Feb 2017, 21:55
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Beitrag von Sirius »

MKay hat geschrieben: Di 23. Jan 2018, 17:15 Aber einen Film zu machen, bei dem sich der Zuschauer ertappt fühlt, den Protagonisten in die verschiedenen Schubladen (auch Pädophilie) zu packen, um am Ende zu begreifen, dass ihm das gar nicht zusteht. Und trotzdem beschäftigt man sich danach genau mit denen Themen, die man vorschnell als Ausrede missbraucht hat.
Die Idee halte ich für ein wenig kritisch. Da sehe ich die Gefahr, dass die Pädophilie als negative Kategorie wahrgenommen wird und der Twist dann hinterher ist, dass der Protagonist doch nicht so "krank" ist wie gedacht. Dass sich also die Zuschauer hinterher denken: "ich dachte die ganze Zeit, der wäre ein Pädo - aber hinterher hat er sich doch als guter Mensch herausgestellt". Wie soll sich der Zuschauer denn ein realistisches und differenziertes Bild zur Pädophilie aufbauen, wenn er mit dem Thema nur als mögliche Erklärung für das merkwürdige und abweichende Verhalten des Protagonisten konfrontiert wird?

Grundsätzlich finde ich die Idee nicht schlecht, den Protagonisten tatsächlich pädophil zu machen, auch wenn es eigentlich um Einsamkeit geht. Denn Pädophilie und Einsamkeit geht wohl leider doch oft Hand in Hand (wenn auch natürlich nicht immer). Die Konfrontation mit dem gesellschaftlichen Stigma kann z.B. das Gefühl erzeugen, nirgendwo erwünscht und akzeptiert zu sein. Der Stigma-Studie von Sara Jahnke zu Folge können sich nur etwa 5% der Allgemeinbevölkerung vorstellen, mit einem Pädophilen befreundet zu sein - solche Zahlen gehen auch nicht unbedingt spurlos an jedem vorbei. Genauso kann das Gefühl, "nicht normal" oder in den Augen vieler sogar ein Monster zu sein zu Entfremdung und bewusster oder unbewusster Selbstisolation führen.

Einsamkeit ist offensichtlich kein angenehmer Zustand, für die allermeisten Menschen gehört zwischenmenschliche Nähe zu den Grundbedürfnissen. Für Pädophile schließt das oft den Wunsch nach Nähe zu einem Kind ein. Im Angesicht erdrückender Einsamkeit greift man gerne verzweifelt nach jedem Strohhalm, der sich einen bietet, um den Tag noch irgendwie bewältigen zu können. Einige basteln sich Puppen, Andere schauen sich Bilder oder Videos von Kindern an, wieder Andere ziehen sich in Fantasiewelten zurück usw. Ich kann mir vorstellen, dass das Beobachten und Sich-Verlieben in das Nachbarskind da auch gut reinpassen würde.

Hast du schon genauere Konzepte, wie die Interaktion des Protagonisten mit dem Jungen aussehen wird? Beobachtet er ihn nur oder wird er mit ihm auch ins Gespräch kommen oder sogar eine Freundschaft aufbauen? Wird er sich je dem Jungen gegenüber unangemessen bzw. grenzüberschreitend verhalten? Ich glaube hier wird der Knackpunkt der ganzen Idee liegen - also zu zeigen, dass die Handlungen durch den Versuch motiviert sind, der Einsamkeit zu entkommen (etwas, womit sich die Zuschauer wohl auch identifizieren können) und nicht die Ausgeburt eines kranken und perversen Hirns sind, sondern die grundlegender menschlicher Bedürfnisse. Eine weitere Darstellung, in welcher der Pädophile nur der komische Typ ist, der in Büschen versteckt heimlich Kinder beobachtet und ihnen nachstellt würde zwar die Erwartungshaltung des Zuschauers befriedigen, aber wohl wenig dazu anregen bestehende Vorurteile zu überdenken.


Davon abgesehen glaube ich, dass der Unmut bzw. die Skepsis, die von einigen Seiten hier geäußert wird auch einfach daran liegt, dass Darstellungen über die Pädophilie immer in diese deprimierende und negative Richtung zu gehen scheinen. Es gibt in dem Bereich kaum eine Dokumentation oder ein fiktives Werk mit einer positiven Grundstimmung oder einem hoffnungsvollen Ende. Die meisten Darstellungen fokussieren sich auf eher deprimierenden Lebensgeschichten und auf die negativen Aspekte: Einsamkeit, Missbrauch, Verzicht, Kontrolle, unerfüllte Wünsche und Sehnsüchte, Depressionen und Suizidalität, kurz gesagt die erste der beiden von Mascha genannten Gruppen. Die zweite Gruppe, die Mascha erwähnt hat, findet in Darstellungen zu dem Thema im Prinzip keinen Platz. Auch, wenn es natürlich legitim ist eine Geschichte über die erste Gruppe zu erzählen so führt es doch dazu, dass bestimmte Lebensgeschichten im Prinzip konstant unerwähnt bleiben und man den Eindruck bekommt, dass es als Pädophiler eigentlich unmöglich ist, ein glückliches Leben zu führen - was für sich genommen auch schon eine höchst problematische Botschaft ist.
kinder-im-herzen.net: ein Blogportal über Pädophilie
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Mascha
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Beitrag von Mascha »

MKay hat geschrieben: Di 23. Jan 2018, 16:18 @Mascha
Wie stehst du dazu? Denkst du, man sollte nur Filme machen, über Erwachsene, die ein Kind lieben, und keine gesellschaftlichen Probleme haben? Also über solche, die gelernt haben mit sich selbst im Reinen zu sein? Oder macht es auch Sinn, einen Film zu machen, indem es nicht nur rund läuft, vielleicht auch, um der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten?
Im Grunde stellt der Beitrag von Sirius von heute Nacht eine gute Antwort auf diese Fragen dar und ich möchte mich dem anschließen, was er schreibt.

Ein Film (ein Buch, ein Artikel,...) über eine Hauptperson, die ein glückliches Leben führt und keine Probleme hat würde vermutlich gähnend langweilig sein. In unserer heutigen Situation einen Film über einen Pädophilen zu drehen, der unsäglich einsam und unglücklich ist, halte ich aber ebenfalls für zwiespältig, da es diese Sicht auf das Thema nur verstärken würde.
Aber wie kann man dem begegnen, wenn man das Thema dennnoch zum Gegenstand machen möchte?
Und es zum Gegenstand zu machen halte ich eigentlich für gut, da es zu einer "Normalisierung" beitragen kann und so das Stigma, das oft von einem völligen Unwissen begleitet ist, geschwächt werden könnte.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Handlung des Films einen Bogen nimmt, in dem die pädophile Person anfänglich gut im Leben steht, mit sich und ihrem Leben zufrieden, und dann irgendein äußerer Einfluss kommt (ein missglücktes Outing, ein Unfall, Verlust des Arbeitsplatzes, der Kinderkontakt ermöglichte, die Familie nebenan zieht weg....), sie aus dem Gleichgewicht kommt und der Film dann zeigt, wie die Person wieder zurück ins Glück findet... und was es dafür braucht, u.a. vom Umfeld.
MKay

Beitrag von MKay »

Die Idee halte ich für ein wenig kritisch. Da sehe ich die Gefahr, dass die Pädophilie als negative Kategorie wahrgenommen wird und der Twist dann hinterher ist, dass der Protagonist doch nicht so "krank" ist wie gedacht. Dass sich also die Zuschauer hinterher denken: "ich dachte die ganze Zeit, der wäre ein Pädo - aber hinterher hat er sich doch als guter Mensch herausgestellt". Wie soll sich der Zuschauer denn ein realistisches und differenziertes Bild zur Pädophilie aufbauen, wenn er mit dem Thema nur als mögliche Erklärung für das merkwürdige und abweichende Verhalten des Protagonisten konfrontiert wird?
Du hast Recht. Tatsächlich läuft man auch hier Gefahr, dass sich der Zuschauer alles Abnormale in der Pädophilie erklärt. Schliesslich nimmt man immer den Weg des geringsten Widerstands in seinen Erklärungen. Das Abweichen von der Norm darf auch keinen Fall mit der Pädophilie gleichgesetzt werden.
Eine weitere Darstellung, in welcher der Pädophile nur der komische Typ ist, der in Büschen versteckt heimlich Kinder beobachtet und ihnen nachstellt würde zwar die Erwartungshaltung des Zuschauers befriedigen, aber wohl wenig dazu anregen bestehende Vorurteile zu überdenken.
Das stimmt. Es muss versucht werden konsequent die Erwartungshaltung der Zuschauer durch Vermeidung von solchen Klischees zu brechen.
Hast du schon genauere Konzepte, wie die Interaktion des Protagonisten mit dem Jungen aussehen wird? Beobachtet er ihn nur oder wird er mit ihm auch ins Gespräch kommen oder sogar eine Freundschaft aufbauen? Wird er sich je dem Jungen gegenüber unangemessen bzw. grenzüberschreitend verhalten? Ich glaube hier wird der Knackpunkt der ganzen Idee liegen - also zu zeigen, dass die Handlungen durch den Versuch motiviert sind, der Einsamkeit zu entkommen (etwas, womit sich die Zuschauer wohl auch identifizieren können) und nicht die Ausgeburt eines kranken und perversen Hirns sind, sondern die grundlegender menschlicher Bedürfnisse. Eine weitere Darstellung, in welcher der Pädophile nur der komische Typ ist, der in Büschen versteckt heimlich Kinder beobachtet und ihnen nachstellt würde zwar die Erwartungshaltung des Zuschauers befriedigen, aber wohl wenig dazu anregen bestehende Vorurteile zu überdenken.
Genau hier liegt, wie du treffend beschreibst, der Knackpunkt. Jegliche Motivation der Figur soll aus seinem Bedürfnis nach Nähe entspringen. Die "Beobachtung" liegt im Fokus, da es durch die begünstige Lage ein Zwangsläufigkeit dieser Figur wurde. Auch da er immer wieder Ablehnung im sozialen Kontakt erfahren hat, fühlt er sich darin vorerst aufgehoben. Die konkrete Annäherung soll wenn, dann auf eine verständliche und auf keinen Fall bedrohliche Art gezeigt werden. Ein Versuch dem Jungen näher zu kommen, darf auch keinen Fall mit einer rein sexuellen Absicht interpretiert werden. Es ist vielmehr der Versuch einen Freund zu finden, den man irgendwie bereits kennt. Ich glaube aber, dass er, - und dies liegt nicht an ihm, sondern vielmehr am Umfeld des Jungen - den Kontakt nicht lange aufrecht erhalten kann. Vielleicht weil es dem Jungen verboten wird, die Eltern protektiv vorverurteilen, und somit den Protagonisten in eine Rolle drücken, die er eigentlich nie trug.
Ich glaube auch, um die Thesis zu bestärken, dass es nicht an einer "Pädophilie" liegt, dass jemandem diese Probleme widerfahren, sondern am repressiven Umgang der Gesellschaft mit dieser Thematik.
Davon abgesehen glaube ich, dass der Unmut bzw. die Skepsis, die von einigen Seiten hier geäußert wird auch einfach daran liegt, dass Darstellungen über die Pädophilie immer in diese deprimierende und negative Richtung zu gehen scheinen. Es gibt in dem Bereich kaum eine Dokumentation oder ein fiktives Werk mit einer positiven Grundstimmung oder einem hoffnungsvollen Ende. Die meisten Darstellungen fokussieren sich auf eher deprimierenden Lebensgeschichten und auf die negativen Aspekte: Einsamkeit, Missbrauch, Verzicht, Kontrolle, unerfüllte Wünsche und Sehnsüchte, Depressionen und Suizidalität, kurz gesagt die erste der beiden von Mascha genannten Gruppen. Die zweite Gruppe, die Mascha erwähnt hat, findet in Darstellungen zu dem Thema im Prinzip keinen Platz. Auch, wenn es natürlich legitim ist eine Geschichte über die erste Gruppe zu erzählen so führt es doch dazu, dass bestimmte Lebensgeschichten im Prinzip konstant unerwähnt bleiben und man den Eindruck bekommt, dass es als Pädophiler eigentlich unmöglich ist, ein glückliches Leben zu führen - was für sich genommen auch schon eine höchst problematische Botschaft ist.
Ich verstehe nun sehr gut, was du, bzw. ihr meint. Es stimmt. Durch die Masse an Darstellungen, die sich auf die negativen Aspekte konzentrieren, entsteht ein verzerrtes Gesamtbild. Ich glaube, man muss dafür sorgen, dass selbst in einer Darstellung, wie zum Beispiel einem Film, die negativen und positiven Aspekte sorgfältig abgewägt werden. Sodass man weder beschönigt, noch künstlich dramatisiert. Um der Ambivalenz des Lebens gerecht zu werden.

Danke für deinen Beitrag! Ich finde dieser Art von Austausch unglaublich bereichernd!

Mit herzlichen Grüssen

Michael
Fetzer
Inaktiv
Beiträge: 584
Registriert: Sa 22. Apr 2017, 11:49

Beitrag von Fetzer »

Passende Worte für Gedanken und ganze Prozesse zu finden, welche dramatisches in Verständlichkeit umwandeln, wie es Pädophilie fordert fördert den bitteren Beigeschmack, dass dies nur vom akademischen Intellekt gut genug begriffen und missioniert werden könnt.

Suspekt bleibt dass, besonders visuelle Medienlandschaften sich steht’s an dem Thema bedienten ohne es überhaupt begreiflich zu machen. Insgeheim war und ist dass ja Pädophilie nicht beim Namen genannt.
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