von Fetzer » Fr 26. Mai 2017, 11:19
Textauszug aus: Stigma psychische Krankheit; Zum Umgang mit Vorurteilen Schuldzuweisungen und Diskriminierungen. Von Asmus Finzen; Psychiatrie Verlag
Seite 26-27
Urteile, Vorurteile, Diskriminierung: Vorstufen der Stigmatisierung
Ohne Vorurteile, Diskriminierung und Schuldzuweisungen gibt es keine Stigmatisierung. Seit alle in der psychiatrischen Versorgung Tätigen vom Stigma reden, sind dessen Vorstufen aus dem Blickfeld geraten. Das ist ein Problem: Zwar ist es richtig und wichtig, dass wir uns den Opfern, den Stigmatisierten, zuwenden und ihnen nach Kräften helfen. Aber es ist grob fahrlässig, unser aller Sprachgebrauch und den der Massenmedien außer Acht zu lassen. Stigmatisierung wird vor allem in Form von Verletzungen und Beschädigungen sichtbar, die den Stigmatisierten durch andere zugefügt werden: durch Vorurteile und diskriminierendes Verhalten. Vor allem deshalb kritisiert die englische Patientenanwältin Liz SAYCE (1998, 2000) immer wieder die Fixierung auf das Stigma. Dadurch würden die Betroffenen zum zweiten Mal zu Opfern gemacht. Die Täter dagegen könnten ihre Vorurteile behalten und die Opfer weiterhin guten Gewissens drangsalieren. Für Sayces Argumente spricht einiges. Vorurteile und Diskriminierung sind greifbarer als Stigmatisierung. Bei beiden ist unzweifelhaft, dass hier Täter am Werk sind. Vor allem Diskriminierung kann man ohne allzu große Mühe erkennen und, wenn man guten Willens ist, bekämpfen. Deshalb werde ich mich in diesem Kapitel auf die Auseinandersetzung mit Vorurteilen und Diskriminierung konzentrieren.
Diskriminierung ist die Umsetzung abwertender Vorurteile in Handlungen. Darüber besteht Übereinstimmung. Aber auch wohl erwogene Urteile können negative Folgen haben; und Vorurteile können fälschlich positive Vorstellungen schaffen. Um die Zusammenhänge zu verstehen, müssen wir diese Begriffe genauer betrachten. Ein Urteil fällen wir nach allgemeinem Verständnis unter vernünftiger Abwägung aller Argumente. Ein Vorurteil braucht solche kritische Abwägung nicht, obwohl es nicht auf Erfahrungen beruht. Es steht uns gleichsam a priori zur Verfügung. Es erwächst aus willkürlichen Wahrnehmungen und Beobachtungen, die sich zwanglos in unsere Wertewelt einfügen, ohne dass wir viel darüber nachdenken müssen:
» Alltagssprachlich ist ein Vorurteil ein vorab wertendes Urteil, das eine Handlung leitet und in diesem Sinne endgültig ist. Es ist eine meist wenig reflektierte Meinung - ohne verstandesmäßige Würdigung aller relevanten Eigenschaften eines Sachverhaltes oder einer Person. Anders als ein Urteil ist das wertende Vorurteil für den, der es hat, häufig Ausgangspunkt für motivgesteuerte Handlungen, ein andern- mal zweckdienlich, manchmal zweckwidrig. [...] Trotz gegenteiliger Bemühungen ist der Ausdruck >Vorurteil< in der Alltagssprache meist abwertend und bezeichnet oft jede Art von negativer Kritik, die an einer Sache geübt wird. [...] Psychologisch bezeichnet der Begriff eine Einstellung gegenüber Gruppen mit negativen affektiven (Feindseligkeit), kognitiven (Stereotypen) und Verhaltenskomponenten (Diskriminierung) « (Wikipedia 2012).
Leseprobe:
http://static.onleihe.de/content/psychi ... -841-9.pdf
Textauszug aus: Stigma psychische Krankheit; Zum Umgang mit Vorurteilen Schuldzuweisungen und Diskriminierungen. Von Asmus Finzen; Psychiatrie Verlag
Seite 26-27
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Urteile, Vorurteile, Diskriminierung: Vorstufen der Stigmatisierung[/b]
Ohne Vorurteile, Diskriminierung und Schuldzuweisungen gibt es keine Stigmatisierung. Seit alle in der psychiatrischen Versorgung Tätigen vom Stigma reden, sind dessen Vorstufen aus dem Blickfeld geraten. Das ist ein Problem: Zwar ist es richtig und wichtig, dass wir uns den Opfern, den Stigmatisierten, zuwenden und ihnen nach Kräften helfen. Aber es ist grob fahrlässig, unser aller Sprachgebrauch und den der Massenmedien außer Acht zu lassen. Stigmatisierung wird vor allem in Form von Verletzungen und Beschädigungen sichtbar, die den Stigmatisierten durch andere zugefügt werden: durch Vorurteile und diskriminierendes Verhalten. Vor allem deshalb kritisiert die englische Patientenanwältin Liz SAYCE (1998, 2000) immer wieder die Fixierung auf das Stigma. Dadurch würden die Betroffenen zum zweiten Mal zu Opfern gemacht. Die Täter dagegen könnten ihre Vorurteile behalten und die Opfer weiterhin guten Gewissens drangsalieren. Für Sayces Argumente spricht einiges. Vorurteile und Diskriminierung sind greifbarer als Stigmatisierung. Bei beiden ist unzweifelhaft, dass hier Täter am Werk sind. Vor allem Diskriminierung kann man ohne allzu große Mühe erkennen und, wenn man guten Willens ist, bekämpfen. Deshalb werde ich mich in diesem Kapitel auf die Auseinandersetzung mit Vorurteilen und Diskriminierung konzentrieren.
Diskriminierung ist die Umsetzung abwertender Vorurteile in Handlungen. Darüber besteht Übereinstimmung. Aber auch wohl erwogene Urteile können negative Folgen haben; und Vorurteile können fälschlich positive Vorstellungen schaffen. Um die Zusammenhänge zu verstehen, müssen wir diese Begriffe genauer betrachten. Ein Urteil fällen wir nach allgemeinem Verständnis unter vernünftiger Abwägung aller Argumente. Ein Vorurteil braucht solche kritische Abwägung nicht, obwohl es nicht auf Erfahrungen beruht. Es steht uns gleichsam a priori zur Verfügung. Es erwächst aus willkürlichen Wahrnehmungen und Beobachtungen, die sich zwanglos in unsere Wertewelt einfügen, ohne dass wir viel darüber nachdenken müssen:
» Alltagssprachlich ist ein Vorurteil ein vorab wertendes Urteil, das eine Handlung leitet und in diesem Sinne endgültig ist. Es ist eine meist wenig reflektierte Meinung - ohne verstandesmäßige Würdigung aller relevanten Eigenschaften eines Sachverhaltes oder einer Person. Anders als ein Urteil ist das wertende Vorurteil für den, der es hat, häufig Ausgangspunkt für motivgesteuerte Handlungen, ein andern- mal zweckdienlich, manchmal zweckwidrig. [...] Trotz gegenteiliger Bemühungen ist der Ausdruck >Vorurteil< in der Alltagssprache meist abwertend und bezeichnet oft jede Art von negativer Kritik, die an einer Sache geübt wird. [...] Psychologisch bezeichnet der Begriff eine Einstellung gegenüber Gruppen mit negativen affektiven (Feindseligkeit), kognitiven (Stereotypen) und Verhaltenskomponenten (Diskriminierung) « (Wikipedia 2012).
Leseprobe: http://static.onleihe.de/content/psychiatrie/20131211/978-3-88414-841-9/v978-3-88414-841-9.pdf