von Mascha » Mo 15. Mär 2021, 08:53
Ja, der Artikel vollzieht ganz gut die Diskursverschiebungen über Pädophilie nach, die sich in den letzten ca. 10 Jahren in Deutschland im Wesentlichen durch Öffentlichkeitsarbeit von KTW und differenziertere Medienbeiträge, bei denen meist Menschen von SuH/GSA involviert waren, ergeben haben. Erfreuliche Zusammenfassung!
Hier in Kurzform was im Artikel steht (entnommen von thieme-connect, einer Seite des Thieme Verlags):
Zusammenfassung
Einleitung Mediale Darstellungen der Pädophilie ändern sich. Im Kontext von therapeutischen und Selbsthilfeangeboten entstehen seit Ende der 2000er-Jahre Repräsentationen kontrollierter Sexualität, die sich von Verwerfungen als „Monster“ und als „Bandenkrimineller“ unterscheiden.
Forschungsziele Der Beitrag untersucht die Struktur und rekonstruiert die Bedingungen und Effekte des medialen Diskurses. Er fragt erstens nach Rhetoriken, die eine andere Repräsentation möglich erscheinen lassen. Zweitens diskutiert er, wie vor dem Hintergrund der historischen Abwertungen und Verwerfungen ein pädophiles Subjekt medial neu bzw. anders konstituiert werden kann.
Methoden Untersuchungsgegenstand sind 33 Print- und audio(-visuelle) Reportagen, die pädophile Teilnehmende an therapeutischen und/oder Selbsthilfeangeboten porträtieren. Diese werden innerhalb der Phänomenstruktur der Grounded Theory analysiert.
Ergebnisse In den medialen Repräsentationen wird Pädophilie ursächlich als Gefahr entworfen und zugleich negiert: Das Potential des sexuellen Kindesmissbrauchs wird ausgewiesen, erscheint aber als nicht zwingende Folge der sexuellen Disposition. Intervenierende Bedingung dafür ist die medizinische Rahmung als überzeitliche, unveränderbare Sexualität, mit der eine prekäre Patho-Normalisierung ebenso wie die Möglichkeit der Kontrolle auf der Handlungsebene einhergeht. Die Problemlösung der sexuellen Kontrolle wird in den Reportagen anhand von drei Subjektpositionen nachgezeichnet: der leidenden Seele auf dem Weg zur Therapie, dem vom eigenen Gewissen verfolgten Empathiker und dem herausgeforderten, sich aber aufopfernden Helden. Gesellschaftlich ergibt sich aus Mitgefühl und rationaler Abwägung eine Aufforderung zur Entstigmatisierung.
Schlussfolgerung Der Beitrag rekonstruiert eine Gegen-Emotionalisierung und technokratische Kontrollversprechen als Entstehungsbedingungen eines neuen legitimen pädophilen Subjekts. Dieses konstituiert ein Gegenbild zu vorherigen Darstellungen, unternimmt eine teilweise Normalisierung und deutet in Teilen Idealisierungen des Pädophilen als Kindern besonders zugewandtem Subjekt an.
Ja, der Artikel vollzieht ganz gut die Diskursverschiebungen über Pädophilie nach, die sich in den letzten ca. 10 Jahren in Deutschland im Wesentlichen durch Öffentlichkeitsarbeit von KTW und differenziertere Medienbeiträge, bei denen meist Menschen von SuH/GSA involviert waren, ergeben haben. Erfreuliche Zusammenfassung!
Hier in Kurzform was im Artikel steht (entnommen von thieme-connect, einer Seite des Thieme Verlags):
Zusammenfassung
Einleitung Mediale Darstellungen der Pädophilie ändern sich. Im Kontext von therapeutischen und Selbsthilfeangeboten entstehen seit Ende der 2000er-Jahre Repräsentationen kontrollierter Sexualität, die sich von Verwerfungen als „Monster“ und als „Bandenkrimineller“ unterscheiden.
Forschungsziele Der Beitrag untersucht die Struktur und rekonstruiert die Bedingungen und Effekte des medialen Diskurses. Er fragt erstens nach Rhetoriken, die eine andere Repräsentation möglich erscheinen lassen. Zweitens diskutiert er, wie vor dem Hintergrund der historischen Abwertungen und Verwerfungen ein pädophiles Subjekt medial neu bzw. anders konstituiert werden kann.
Methoden Untersuchungsgegenstand sind 33 Print- und audio(-visuelle) Reportagen, die pädophile Teilnehmende an therapeutischen und/oder Selbsthilfeangeboten porträtieren. Diese werden innerhalb der Phänomenstruktur der Grounded Theory analysiert.
Ergebnisse In den medialen Repräsentationen wird Pädophilie ursächlich als Gefahr entworfen und zugleich negiert: Das Potential des sexuellen Kindesmissbrauchs wird ausgewiesen, erscheint aber als nicht zwingende Folge der sexuellen Disposition. Intervenierende Bedingung dafür ist die medizinische Rahmung als überzeitliche, unveränderbare Sexualität, mit der eine prekäre Patho-Normalisierung ebenso wie die Möglichkeit der Kontrolle auf der Handlungsebene einhergeht. Die Problemlösung der sexuellen Kontrolle wird in den Reportagen anhand von drei Subjektpositionen nachgezeichnet: der leidenden Seele auf dem Weg zur Therapie, dem vom eigenen Gewissen verfolgten Empathiker und dem herausgeforderten, sich aber aufopfernden Helden. Gesellschaftlich ergibt sich aus Mitgefühl und rationaler Abwägung eine Aufforderung zur Entstigmatisierung.
Schlussfolgerung Der Beitrag rekonstruiert eine Gegen-Emotionalisierung und technokratische Kontrollversprechen als Entstehungsbedingungen eines neuen legitimen pädophilen Subjekts. Dieses konstituiert ein Gegenbild zu vorherigen Darstellungen, unternimmt eine teilweise Normalisierung und deutet in Teilen Idealisierungen des Pädophilen als Kindern besonders zugewandtem Subjekt an.