von MKay » Mi 24. Jan 2018, 13:01
Die Idee halte ich für ein wenig kritisch. Da sehe ich die Gefahr, dass die Pädophilie als negative Kategorie wahrgenommen wird und der Twist dann hinterher ist, dass der Protagonist doch nicht so "krank" ist wie gedacht. Dass sich also die Zuschauer hinterher denken: "ich dachte die ganze Zeit, der wäre ein Pädo - aber hinterher hat er sich doch als guter Mensch herausgestellt". Wie soll sich der Zuschauer denn ein realistisches und differenziertes Bild zur Pädophilie aufbauen, wenn er mit dem Thema nur als mögliche Erklärung für das merkwürdige und abweichende Verhalten des Protagonisten konfrontiert wird?
Du hast Recht. Tatsächlich läuft man auch hier Gefahr, dass sich der Zuschauer alles Abnormale in der Pädophilie erklärt. Schliesslich nimmt man immer den Weg des geringsten Widerstands in seinen Erklärungen. Das Abweichen von der Norm darf auch keinen Fall mit der Pädophilie gleichgesetzt werden.
Eine weitere Darstellung, in welcher der Pädophile nur der komische Typ ist, der in Büschen versteckt heimlich Kinder beobachtet und ihnen nachstellt würde zwar die Erwartungshaltung des Zuschauers befriedigen, aber wohl wenig dazu anregen bestehende Vorurteile zu überdenken.
Das stimmt. Es muss versucht werden konsequent die Erwartungshaltung der Zuschauer durch Vermeidung von solchen Klischees zu brechen.
Hast du schon genauere Konzepte, wie die Interaktion des Protagonisten mit dem Jungen aussehen wird? Beobachtet er ihn nur oder wird er mit ihm auch ins Gespräch kommen oder sogar eine Freundschaft aufbauen? Wird er sich je dem Jungen gegenüber unangemessen bzw. grenzüberschreitend verhalten? Ich glaube hier wird der Knackpunkt der ganzen Idee liegen - also zu zeigen, dass die Handlungen durch den Versuch motiviert sind, der Einsamkeit zu entkommen (etwas, womit sich die Zuschauer wohl auch identifizieren können) und nicht die Ausgeburt eines kranken und perversen Hirns sind, sondern die grundlegender menschlicher Bedürfnisse. Eine weitere Darstellung, in welcher der Pädophile nur der komische Typ ist, der in Büschen versteckt heimlich Kinder beobachtet und ihnen nachstellt würde zwar die Erwartungshaltung des Zuschauers befriedigen, aber wohl wenig dazu anregen bestehende Vorurteile zu überdenken.
Genau hier liegt, wie du treffend beschreibst, der Knackpunkt. Jegliche Motivation der Figur soll aus seinem Bedürfnis nach Nähe entspringen. Die "Beobachtung" liegt im Fokus, da es durch die begünstige Lage ein Zwangsläufigkeit dieser Figur wurde. Auch da er immer wieder Ablehnung im sozialen Kontakt erfahren hat, fühlt er sich darin vorerst aufgehoben. Die konkrete Annäherung soll wenn, dann auf eine verständliche und auf keinen Fall bedrohliche Art gezeigt werden. Ein Versuch dem Jungen näher zu kommen, darf auch keinen Fall mit einer rein sexuellen Absicht interpretiert werden. Es ist vielmehr der Versuch einen Freund zu finden, den man irgendwie bereits kennt. Ich glaube aber, dass er, - und dies liegt nicht an ihm, sondern vielmehr am Umfeld des Jungen - den Kontakt nicht lange aufrecht erhalten kann. Vielleicht weil es dem Jungen verboten wird, die Eltern protektiv vorverurteilen, und somit den Protagonisten in eine Rolle drücken, die er eigentlich nie trug.
Ich glaube auch, um die Thesis zu bestärken, dass es nicht an einer "Pädophilie" liegt, dass jemandem diese Probleme widerfahren, sondern am repressiven Umgang der Gesellschaft mit dieser Thematik.
Davon abgesehen glaube ich, dass der Unmut bzw. die Skepsis, die von einigen Seiten hier geäußert wird auch einfach daran liegt, dass Darstellungen über die Pädophilie immer in diese deprimierende und negative Richtung zu gehen scheinen. Es gibt in dem Bereich kaum eine Dokumentation oder ein fiktives Werk mit einer positiven Grundstimmung oder einem hoffnungsvollen Ende. Die meisten Darstellungen fokussieren sich auf eher deprimierenden Lebensgeschichten und auf die negativen Aspekte: Einsamkeit, Missbrauch, Verzicht, Kontrolle, unerfüllte Wünsche und Sehnsüchte, Depressionen und Suizidalität, kurz gesagt die erste der beiden von Mascha genannten Gruppen. Die zweite Gruppe, die Mascha erwähnt hat, findet in Darstellungen zu dem Thema im Prinzip keinen Platz. Auch, wenn es natürlich legitim ist eine Geschichte über die erste Gruppe zu erzählen so führt es doch dazu, dass bestimmte Lebensgeschichten im Prinzip konstant unerwähnt bleiben und man den Eindruck bekommt, dass es als Pädophiler eigentlich unmöglich ist, ein glückliches Leben zu führen - was für sich genommen auch schon eine höchst problematische Botschaft ist.
Ich verstehe nun sehr gut, was du, bzw. ihr meint. Es stimmt. Durch die Masse an Darstellungen, die sich auf die negativen Aspekte konzentrieren, entsteht ein verzerrtes Gesamtbild. Ich glaube, man muss dafür sorgen, dass selbst in einer Darstellung, wie zum Beispiel einem Film, die negativen und positiven Aspekte sorgfältig abgewägt werden. Sodass man weder beschönigt, noch künstlich dramatisiert. Um der Ambivalenz des Lebens gerecht zu werden.
Danke für deinen Beitrag! Ich finde dieser Art von Austausch unglaublich bereichernd!
Mit herzlichen Grüssen
Michael
[quote]Die Idee halte ich für ein wenig kritisch. Da sehe ich die Gefahr, dass die Pädophilie als negative Kategorie wahrgenommen wird und der Twist dann hinterher ist, dass der Protagonist doch nicht so "krank" ist wie gedacht. Dass sich also die Zuschauer hinterher denken: "ich dachte die ganze Zeit, der wäre ein Pädo - aber hinterher hat er sich doch als guter Mensch herausgestellt". Wie soll sich der Zuschauer denn ein realistisches und differenziertes Bild zur Pädophilie aufbauen, wenn er mit dem Thema nur als mögliche Erklärung für das merkwürdige und abweichende Verhalten des Protagonisten konfrontiert wird?[/quote]
Du hast Recht. Tatsächlich läuft man auch hier Gefahr, dass sich der Zuschauer alles Abnormale in der Pädophilie erklärt. Schliesslich nimmt man immer den Weg des geringsten Widerstands in seinen Erklärungen. Das Abweichen von der Norm darf auch keinen Fall mit der Pädophilie gleichgesetzt werden.
[quote]Eine weitere Darstellung, in welcher der Pädophile nur der komische Typ ist, der in Büschen versteckt heimlich Kinder beobachtet und ihnen nachstellt würde zwar die Erwartungshaltung des Zuschauers befriedigen, aber wohl wenig dazu anregen bestehende Vorurteile zu überdenken. [/quote]
Das stimmt. Es muss versucht werden konsequent die Erwartungshaltung der Zuschauer durch Vermeidung von solchen Klischees zu brechen.
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Hast du schon genauere Konzepte, wie die Interaktion des Protagonisten mit dem Jungen aussehen wird? Beobachtet er ihn nur oder wird er mit ihm auch ins Gespräch kommen oder sogar eine Freundschaft aufbauen? Wird er sich je dem Jungen gegenüber unangemessen bzw. grenzüberschreitend verhalten? Ich glaube hier wird der Knackpunkt der ganzen Idee liegen - also zu zeigen, dass die Handlungen durch den Versuch motiviert sind, der Einsamkeit zu entkommen (etwas, womit sich die Zuschauer wohl auch identifizieren können) und nicht die Ausgeburt eines kranken und perversen Hirns sind, sondern die grundlegender menschlicher Bedürfnisse. Eine weitere Darstellung, in welcher der Pädophile nur der komische Typ ist, der in Büschen versteckt heimlich Kinder beobachtet und ihnen nachstellt würde zwar die Erwartungshaltung des Zuschauers befriedigen, aber wohl wenig dazu anregen bestehende Vorurteile zu überdenken. [/quote]
Genau hier liegt, wie du treffend beschreibst, der Knackpunkt. Jegliche Motivation der Figur soll aus seinem Bedürfnis nach Nähe entspringen. Die "Beobachtung" liegt im Fokus, da es durch die begünstige Lage ein Zwangsläufigkeit dieser Figur wurde. Auch da er immer wieder Ablehnung im sozialen Kontakt erfahren hat, fühlt er sich darin vorerst aufgehoben. Die konkrete Annäherung soll wenn, dann auf eine verständliche und auf keinen Fall bedrohliche Art gezeigt werden. Ein Versuch dem Jungen näher zu kommen, darf auch keinen Fall mit einer rein sexuellen Absicht interpretiert werden. Es ist vielmehr der Versuch einen Freund zu finden, den man irgendwie bereits kennt. Ich glaube aber, dass er, - und dies liegt nicht an ihm, sondern vielmehr am Umfeld des Jungen - den Kontakt nicht lange aufrecht erhalten kann. Vielleicht weil es dem Jungen verboten wird, die Eltern protektiv vorverurteilen, und somit den Protagonisten in eine Rolle drücken, die er eigentlich nie trug.
Ich glaube auch, um die Thesis zu bestärken, dass es nicht an einer "Pädophilie" liegt, dass jemandem diese Probleme widerfahren, sondern am repressiven Umgang der Gesellschaft mit dieser Thematik.
[quote]Davon abgesehen glaube ich, dass der Unmut bzw. die Skepsis, die von einigen Seiten hier geäußert wird auch einfach daran liegt, dass Darstellungen über die Pädophilie [i]immer[/i] in diese deprimierende und negative Richtung zu gehen scheinen. Es gibt in dem Bereich kaum eine Dokumentation oder ein fiktives Werk mit einer positiven Grundstimmung oder einem hoffnungsvollen Ende. Die meisten Darstellungen fokussieren sich auf eher deprimierenden Lebensgeschichten und auf die negativen Aspekte: Einsamkeit, Missbrauch, Verzicht, Kontrolle, unerfüllte Wünsche und Sehnsüchte, Depressionen und Suizidalität, kurz gesagt die erste der beiden von Mascha genannten Gruppen. Die zweite Gruppe, die Mascha erwähnt hat, findet in Darstellungen zu dem Thema im Prinzip keinen Platz. Auch, wenn es natürlich legitim ist eine Geschichte über die erste Gruppe zu erzählen so führt es doch dazu, dass bestimmte Lebensgeschichten im Prinzip konstant unerwähnt bleiben und man den Eindruck bekommt, dass es als Pädophiler eigentlich unmöglich ist, ein glückliches Leben zu führen - was für sich genommen auch schon eine höchst problematische Botschaft ist.[/quote]
Ich verstehe nun sehr gut, was du, bzw. ihr meint. Es stimmt. Durch die Masse an Darstellungen, die sich auf die negativen Aspekte konzentrieren, entsteht ein verzerrtes Gesamtbild. Ich glaube, man muss dafür sorgen, dass selbst in einer Darstellung, wie zum Beispiel einem Film, die negativen und positiven Aspekte sorgfältig abgewägt werden. Sodass man weder beschönigt, noch künstlich dramatisiert. Um der Ambivalenz des Lebens gerecht zu werden.
Danke für deinen Beitrag! Ich finde dieser Art von Austausch unglaublich bereichernd!
Mit herzlichen Grüssen
Michael